Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Als ich am Donnerstag, 17. März 2005, in Karlsruhe ins Auto stieg,
herrschte ein wunderbares Frühlingswetter. Mir stand eine lange Fahrt
nach Leipzig bevor, und ich kam richtig gut durch den Verkehr. In bester
Laune fuhr ich über Frankfurt und Jena bis in die Messestadt. Dabei
wusste ich noch nicht einmal genau, wie die Buchmesse in diesem Jahr
verlaufen würde.
Immerhin wusste ich, dass sehr vieles sehr anders verlaufen würde. In
den Jahren zuvor hatte sich der Pabel-Moewig Verlag als ein Teil eines
Gemeinschaftsstandes der Verlage aus Baden-Württemberg verstanden. PERRY
RHODAN war so mit einer Handvoll Büchern also in einer winzigen Ecke
eines Gemeinschaftsstandes präsentiert worden. Ich war damit immer
unzufrieden gewesen. Im Jahr 2005 wollten wir das anders machen.
Leider hatte man uns nicht erlaubt, einen eigenen Messestand zu
organisieren. »PERRY RHODAN ist eine Zeitschrift, und Zeitschriften sind
nicht auf der Buchmesse«, war die Argumentation im Verlag. So waren wir
auf die Idee gekommen, das bisherige Konzept zu ändern. Wir wollten in
der Nähe von Mangas, Fantasy-Rollenspielen und anderen Themen sein, die
im weitesten Sinne etwas mit Science Fiction und fantastischer Literatur
zu tun haben.
Also hatten wir uns einen Partner gesucht, der in einem Bereich der
Messe tätig war, der für uns interessant schien. In Leipzig hatten die
Verantwortlichen die sogenannte Comics-Halle aufgebaut. In dieser
sollten nicht nur die Comic-Verlage angesiedelt werden, sondern auch die
Spieleverlage und diejenigen, die sich auf Fantasy und Science Fiction
spezialisierten.
Ich war mir schon während der Fahrt sicher, dass wir in diesem
Bereich der Messe besser platziert wären als irgendwo an einem
Gemeinschaftsstand. Wir waren »Untermieter« bei Fantasy Productions,
dessen Chef ich seit vielen Jahren kannte. Werner Fuchs hatte seinen
Verlag auf Rollenspiele sowie damit verbundene Bücher spezialisiert,
brachte Titel zu den Reihen »Das Schwarze Auge«, »Shadowrun« und
»BattleTech« heraus. Autoren wie Markus Heitz, Bernhard Hennen oder
Robert Corvus veröffentlichten ihre ersten Romane unter seiner Obhut.
Nach einer ausgesprochen schönen Fahrt stellte ich mein Auto auf dem
Parkplatz der Messe ab. Erfreut stellte ich fest, dass ich vom Parkplatz
bis zum Messestand keine fünfzig Meter zurückzulegen hatte. Das war
praktisch, weil ich auf diese Methode die Versorgung des Standes mit
Getränken und Süßigkeiten sicherstellen konnte. Als ich am Stand
eintraf, war ich von der Optik sehr angetan: Fantasy Productions hatte
uns die Hälfte des Standes so abgetreten, dass wir optisch klar getrennt
waren, aber dennoch eine Einheit bildeten.
Viel machte ich an diesem Tag nicht mehr. Ich begrüßte Klaus
Bollhöfener, der schon am Stand arbeitete, sowie die Kolleginnen und
Kollegen von Fantasy Productions. Weil die Halle sich vor allem an den
Bedürfnissen von Comic- und Rollenspiel-Fans ausrichtete, hatten wir
direkt in unserer Nähe mehrere Freiflächen, wo Rollenspiele ausgetragen
wurden.
Auffallend viele junge Menschen waren in der Halle unterwegs, viele
der Jugendlichen hatten sich als die Comic-Helden moderner Mangas
verkleidet. Cosplayer waren noch etwas ganz Neues in Deutschland,
entsprechend groß war das Aufsehen. Es wurde gern und viel fotografiert.
Rollenspieler in Kettenhemden und mit Schwertern, daneben junge Mädchen
im Feen-Outfit – wer wollte, bekam direkt vor unserem Stand viel zu
sehen.
Unser Stand fiel offenbar auf, immer wieder blieben junge Leute uns
stehen. Wir verteilten auf Anfrage PERRY RHODAN-Tüten mit einem
kostenlosen Roman, einem Kugelschreiber und einem Feuerzeug sowie
diversem Werbematerial. Häufig wurden wir in Gespräche verwickelt, und
ich stellte fest, dass das Publikum in Leipzig jünger war als in
Frankfurt, aber trotzdem sehr interessiert an unserer Serie wirkte.
Der Tag ging viel zu schnell vorüber. Mit Klaus Bollhöfener sowie
Dirk Schulz, der uns als Titelbildkünstler am Stand unterstützte, fuhr
ich abends ins Hotel. Wir saßen an einem Tisch in der Ecke und sprachen
die vergangenen Stunden noch einmal durch; dann gingen wir früh ins
Bett.
Es war klar, dass es am Freitag, 18. März, viel anstrengender sein
würde: Mit Klaus Bollhöfener und Dirk Schulz fuhr ich vom Hotel zum
Messegelände, wo wir wieder mit der Arbeit an unserem Stand begannen.
Unter anderem hatten Dirk und ich gemeinsam einen interessanten Termin
beim Carlsen-Verlag, bei dem mögliche PERRY RHODAN-Comics diskutiert
wurden.
An diesem Freitag führte ich die meisten Fachgespräche. Die
Kolleginnen von Bertelsmann kamen vorbei. Ich zeigte ihnen die Palette
der PERRY RHODAN-Romane, erläuterte ihnen die Unterschiede zwischen den
Reihen und Serien und versuchte, sie für neue Themen zu begeistern.
Immerhin schienen sie sehr beeindruckt von der Vielfalt zu sein.
Kollegen aus anderen Verlagen kamen zu uns an den Stand, ich besuchte
aber auch die kleineren Verlage in unserer Nähe oder unterhielt mich
ausführlich mit den Rollenspielern, die eigene Stände unterhielten.
Sogar einzelne Buchhändler kamen zu uns an den Messestand, denen ich
leider nicht weiterhelfen konnte – bei uns konnte man schließlich keine
Bücher bestellen.
Aber so raste der Freitag sehr dynamisch an uns vorüber. Ich war
schon am Nachmittag sehr verschwitzt und freute mich darauf, dass ich im
Hotel anschließend kurz duschen konnte. Immerhin wusste ich, dass an
diesem Abend erneut ein anstrengendes Programm auf mich wartete …
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