Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
»Wie wäre es eigentlich, wenn wir einfach mal neue ATLAN-Romane
veröffentlichen würden?« Im Frühjahr 1998 war das ein Thema, über das
ich mit Robert Feldhoff
immer wieder sprach. PERRY RHODAN war in diesen Tagen auf einem guten
Kurs, wie wir fanden: Das Marketing expandierte, die laufende
Erstauflage gefiel den Fans, und die Stimmung unter den Autoren war
richtig gut.
Nach vielen Vorbereitungen, die allesamt sehr
hektisch verliefen und über die ich an anderer Stelle noch ausführlicher
berichten werde, schickten wir im Juli 1998 die ersten Exposés an die
Autoren hinaus. Die gesamte Produktion sollte voller Überraschungen für
die Leser stecken – und das begann schon beim ganzen »Drumherum«.
Der
»Traversan«-Zyklus war die erste Miniserie, die aus dem PERRY
RHODAN-Universum entstand, und sie war der erste Zyklus, für den Robert
Feldhoff als alleiniger Exposéautor verantwortlich zeigte. Es war zudem
das erste Mal, dass Rainer Castor
die Datenrecherche übernahm und die Chance nutzte, die Arkon-Historie
»breit auszumalen«. Darüber hinaus probierten wir im Verlauf des Zyklus
neue Autoren wie Rainer Castor oder Frank Borsch sowie neue Zeichner
aus.
Robert und ich wollten die Chance nutzen, Atlan wieder in
ein klassisches Abenteuer zu verwickeln. Robert verfiel auf den
Gedanken, unseren Helden in die Vergangenheit zu schicken und ihn die
Frühzeit des Arkon-Imperiums erleben zu lassen. Action und Romantik,
Raumschlachten und Liebesgeschichten – all die Dinge, für die Atlan als
Romanfigur stand, wollten wir in einer zwölfbändigen Miniserie erzählen.
Ganz
ohne Augenzwinkern blieb Robert dabei nicht. Schon seine
Charakterisierung der aktuellen Traversan-Bewohner, die erstmals von ihm
erwähnt wurden, weist darauf hin: Es seien »traditionell
widerspenstige, sympathische Leute, die schon mit dem Großen Imperium
häufig Schwierigkeiten hatten und die auch heute nicht gerade Freunde
des Imperators Bostich sind«. (Schon damals war klar, dass die
Traversaner in der aktuellen Handlungszeit zu Gegnern der
Expansionspolitik des aktuellen Kristallimperiums werden sollten.)
Der
Exposéautor mochte es, wenn Dinge »verschränkt« wurden: Ein Element aus
einem Roman sollte in einem späteren Roman erst die entscheidende
Bedeutung erlangen. Aber solche Elemente mussten entsprechend
vorbereitet werden. Wenn also in der Vergangenheit eines Planeten ein
großer Krieg stattgefunden hatte, musste man in der aktuellen Zeit
einige Spuren davon finden können. Robert platzierte solche Hinweise in
der Hauptstadt des Planeten.
Sie sollte so präsentiert werden,
dass »bestimmte rätselhafte Merkmale sich aus der Vergangenheitshandlung
des Romans erklären«. So wollte er einen riesenhaften Krater im Westen
der Stadt schildern, von dem niemand wisse, wie er entstanden sei. Die
Auflösung für das Rätsel: »In der Vergangenheit stürzte ein
Schlachtschiff an dieser Stelle ab, löschte ein komplettes Stadtviertel
aus und schlug den Krater. Heutzutage ist der sogenannte Himmelskrater
dicht besiedelt und gilt als bevorzugtes Wohnviertel der Fremden und
Zugezogenen auf Traversan.«
In seinem Exposé griff Robert
Feldhoff bewusst auf »alte Themen« zurück: die Meister der Insel, die
Zeitmaschinen, das klassische Arkon-Imperium. Alles wurde von ihm so
angelegt, dass es Atlan unweigerlich in die Vergangenheit schleudern
sollte. Dort wiederum sollte er auf die Traversaner treffen und sich in
die Prinzessin Tamarena verlieben – nicht sofort und nicht ohne
Probleme, aber im Verlauf der Zeit.
Die Daten zu diesem ersten
Roman der neuen Miniserie waren vergleichsweise übersichtlich. Sie
skizzierten die Handlung sowie die wichtigsten Personen. Dazu kamen aber
die Hintergründe, die Rainer Castor erarbeitete. Rainer hatte über
Jahre hinweg wichtige Details aus der klassischen ATLAN-Heftromanserie
extrahiert. So konnten wir bei »Traversan« auf Logos und Wappen
zurückgreifen, die es bereits in der Serie gab; wir übernahmen
Begrifflichkeiten, Titel und Strukturen des alten Arkon-Imperiums.
Das
führte von Anfang an dazu, dass »Traversan« so »echt« wirkte. Erstmals
arbeiteten wir mit einer Übersicht arkonidischer Begriffe, so dass die
»Tonta« als Maßeinheit beispielsweise nicht nur in Romanen von Hans Kneifel auftauchte,
sondern von allen Autoren benutzt wurde. Wir hatten ein kleines
Arkon-Lexikon als Grundlage, zu unseren Arbeitsmitteln zählten darüber
hinaus »stellare Daten« zu den wichtigsten Sonnensystemen. Was Rainer
Castor für uns recherchierte und zusammenstellte, ging meilenweit über
das hinaus, was bisher im fünfbändigen PERRY RHODAN-Lexikon oder
gelegentlichen Exposés formuliert worden war.
Wir waren uns von
vorneherein im Klaren darüber, dass wir vor allem auf jüngere Autoren
setzen wollten. Mit einer Ausnahme: Hans Kneifel musste dabei sein –
niemand kannte sich so gut mit Atlan und den Arkoniden aus wie er. Aber
an seiner Seite wollten wir Autoren wie Hubert Haensel und Peter Terrid einsetzen, die im damaligen Autorenteam zu den jungen Kollegen zählten. Und neben Frank Borsch und Rainer Castor testeten wir mit Rainer Hanczuk
einen Autor, von dem ich bislang außer einigen Fan-Beiträgen nicht viel
kannte. (Mittlerweile schreibt er unter seinem bürgerlichen Namen
Rainer Löffler Krimis.)
Die Exposés gingen im Juli hinaus, die
ersten Manuskripte trafen bereits im August ein. Damals kamen
Manuskripte in Form von Ausdrucken, auf die man eine Diskette klebte;
die Diskette wurde von mir als Grundlage für das zu redigierende
Manuskript genommen.
Ich war beeindruckt, die Lektüre machte mir
Spaß. Die Romane waren abenteuerlich und farbenprächtig, die Figuren
gefielen mir alle, und Atlan war der knallharte und zugleich romantische
Arkonide, wie ich ihn mochte. »Traversan« lief für meinen Geschmack
richtig gut an, und über Zeitdruck und
Übers-Wochenende-Redigiertätigkeiten machte ich mir zu diesem Zeitpunkt
noch keine Gedanken.
Roberts Exposés ließen den Autoren viele
Freiheiten, die Daten engten sie nicht zu sehr ein. Im Sommer 1998
starteten wir mit großer Euphorie in das Abenteuer »Traversan« – und
nachdem die ersten Romane im Herbst dieses Jahres erschienen waren,
hatten Sabine Bretzinger als Redakteurin und ich allen Grund, gemeinsam
mit den Autoren auf die neue Serie stolz zu sein.
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