23 März 2021

Roberts Gedanken zu Band 2300

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«


Welche Richtung wollten wir mit der PERRY RHODAN-Serie und dem kommenden Jubiläumsband einschlagen? Der Roman mit der Bandnummer 2300 sollte im September 2005 erscheinen, und Robert Feldhoff schrieb im Juni 2004 seine grundsätzlichen Überlegungen dazu auf. Wie es bei ihm oft üblich war, ging er dabei strukturell vor: Zuerst machte er sich Gedanken um das »Drumherum«, dann ging er daran, sich um den eigentlichen Inhalt zu kümmern.

Die ersten Sätze seines Konzepts zeigten, wie sehr es ihm um Hintergründe ging: »Perry Rhodan & Co. lassen an einer Fernexpedition arbeiten, deren Ziel die Galaxis Hangay ist. Denn dort soll angeblich eine Negasphäre entstehen – und dort ist die SOL verschollen. Aber das alles dauert einige Jahre.«

Robert wollte einige Ideen fortführen, die er in vorherigen Zyklen aufgebaut hatte. So sollte es für die »Erforschung der Sternhaufen, die (ähnlich wie der Sternenozean) in der Milchstraße gelandet sind«, eine neue Explorerflotte geben. Nach dem »Sternenozean«-Zyklus setzte er auf diese Elemente: »Neue Völker erscheinen! Neue Imperien entstehen. Aus den neuen Sternhaufen.«

Allerdings sollten die Risiken der Raumfahrt erhalten bleiben. Immerhin hatten wir im »Sternenozean«-Zyklus mit der Einführung der Hyperimpedanz angefangen. Raumfahrt musste mühsam und auch eher teuer sein, schnelle Flüge etwa nach Andromeda so gut wie unmöglich werden. »Die Kosten der Raumfahrt sind nach wie vor sehr hoch«, formulierte Robert und kündigte etwas Neues an. »Die Milchstraße arbeitet an einem umspannenden Transmittersystem, so wie die Portale im Land Dommrath.«

Robert Feldhoff dachte oft daran, mit welchen Figuren er welche Geschichte erzählen wollte. Das war ihm ebenso wichtig wie die Struktur eines Romans oder eines Zyklus‘. Figuren trugen eine Geschichte, Strukturen ermöglichten sie. Die Ideen ergaben sich für ihn dann fast wie von selbst. Auch für Band 2300 hatte er eine neue Hauptfigur vor Augen.

»Leon London ist ein achtzehnjähriger junger Terraner, dessen ganze Sehnsucht den Sternen gilt«, skizzierte er. »Aber heute, in der Ära nach der Impedanz-Katastrophe, ist es nicht mehr so einfach wie früher, Raumfahrer zu werden. Zudem hat Leon mit einer höchst unglücklichen Liebe zu kämpfen. Für den jungen Mann geht die Welt unter. Alles ist wertlos, alles ist unwichtig.«

Aus der Sicht von Leon könnten wir die neue Explorerflotte vorstellen. Der junge Mann habe, so Robert Feldhoff, den Willen, von der Erde wegzukommen und vor allem seine »Sehnsucht nach den Sternen zu stillen«. Der erste Flug solle dann in »Richtung Paukenwolke« gehen, in der »tausend neue Sonnenmassen praktisch noch nicht lokalisiert und erforscht sind«. Dabei war geplant, dass sich Leon London und Perry Rhodan kennenlernen.

Die weitere Handlung bezeichnete Robert so: »Aber die Explorer finden etwas, womit sie nicht gerechnet haben: ein fremdes Raumschiff, das offenbar in der Paukenwolke Aufklärung fliegt ... Ein Aufklärer, der sich nicht beobachten lassen will. Beim Kontakt werden sämtliche Schiffe der kleinen Explorerflotte vernichtet. Allein die Einheit mit Rhodan und Leon London entkommt.«

Dann sollte der Nukleus der Monochrom-Mutanten auf der Erde auftauchen. Seine aktuelle Information: »ES ist aus Furcht vor der Negasphäre aus seinem Machtbereich geflohen.« Eine Superintelligenz könne »nicht lange in so unmittelbarer Nähe einer Negasphäre existieren«, vor allem dann nicht, wenn »die Negasphäre zur Aufnahme eines Chaotarchen vorbereitet wird.«

Der Nukleus glaube, dass die Milchstraße keine Chance habe. Weder er noch die Menschheit würden diese Krise überstehen. Er habe nur eine einzige Hoffnung: Er habe »eine extragalaktische Macht zu Hilfe gerufen ...«

Es ist wohl klar, welche Macht das sein sollte: die Friedensfahrer. Robert Feldhoff wollte den jungen Leon London als eine Inkarnation des Nukleus aufbauen, als eine Art »Botschafter und Verkünder für die Außenwelt«. In diesem ersten Konzept zu Band 2300 steckte schon eine »emotionale Verwicklung« für den jungen Helden: »In der mentalen Welt des Nukleus trifft Leon auf das Mädchen X, das erstmals seine große verflossene Liebe vergessen macht!«

Uns beiden war klar, dass nicht jeder Leser solche Themen mochte; das war uns vor allem im Verlauf des »Sternenozean«-Zyklus bewusst geworden. Trotzdem wollte Robert nicht auf die Möglichkeit verzichten, den Hauptfiguren eine glaubhafte Liebesgeschichte anzubieten.

Aber natürlich sollte es in Band 2300 und den folgenden Romanen um das »Große und Ganze« in der Milchstraße gehen. Einige Elemente für die Handlung formulierte er nur in Stichworten: »Neue Völker werden integriert ... das System der Milchstraßen-Portale wird ausgebaut ... Die Expeditionsschiffe für Hangay gehen der Fertigstellung entgegen.« Bereits angedacht war zudem eine Energiezufuhr für die junge Geistesmacht auf der Erde: »Der Nukleus könnte einen Zapfstrahl zu ARCHETIM in der Sonne aufbauen, um sich für die Auseinandersetzungen der Zukunft zu stärken ...«

In dem Konzept wurden die Friedensfahrer als zentrales Element von Band 2300 aufgelistet. Robert sah sie nach einer weiteren Raumschlacht mit fremden Schiffen im Einsatz. Seine Notizen waren sehr klar: »Dieses Mal aber kommt ein seltsames Raumschiff zu Hilfe: Das kleine Raumfahrzeug besitzt annähernd Tropfenform. Es hat eine Länge von 48 Metern, bei einem größten Durchmesser von 22 Metern. Dieselbe Bauart, wie man sie vom Bahnhof der Friedensfahrer kennt!«

Bekanntlich entwickelte sich sehr vieles anders, als es der Exposéautor in diesem ersten Entwurf für ein Exposé aufgeschrieben hatte. Auf dem Weg vom ersten Entwurf über das Exposé bis hin zu einem fertigen Roman kam es zu Diskussionen und Änderungen: Die Mikro-Bestien wurden ein handlungstragendes Element, der Roman spielte zu einem großen Teil auf der Erde und nicht in den Tiefen des Alls.

Aber der Nukleus und andere Ideen aus dem ersten Konzept wurden aufgegriffen und übernommen ...

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