Aus der Rubrik »Der Redakteur erinnert sich«
Das Jahr 2005 war von den häufigen Meinungsverschiedenheiten zwischen
der PERRY RHODAN-Redaktion und dem Moewig-Buchverlag bestimmt. Wir saßen
auf dem selben Flur, teilweise Bürotür neben Bürotür, wir benutzten
dieselbe Kaffeemaschine und gingen auf dieselbe Toilette.
Doch
ich hatte oft das Gefühl, dass wir jeweils fremde Sprachen benutzten und
in ganz anderen Universen unterwegs waren. Fast alles, was ich
vorschlug, wurde bereits im frühesten Stadium abgelehnt; zum Ausgleich
brachte man uns Vorschläge, die ich nur mit Kopfschütteln kommentieren
konnte.
»Wir müssen etwas tun, damit wir PERRY RHODAN stärker in
den Buchhandel bringen«, predigte ich immer wieder. Die PERRY
RHODAN-Silberbände verkauften sich gut, die Auflagen gingen aber zurück.
Um das auszugleichen, so meine Überlegung, mussten wir weitere Bücher
publizieren, die in einer Buchhandlung modern und schön aussahen.
»Wir
müssen Paperbacks machen«, argumentierte ich in jeder Besprechung, zu
der ich geladen war. »Die sind preislich attraktiv und sprechen durch
ihre Gestaltung auch junge Leser an, nicht nur die Sammler der
Silberbände.«
»Dann muss man einfach die Silberbände gründlich
modernisieren«, wurde mir entgegnet. »Man könnte das Silber weglassen,
das ist eh so teuer, oder das altmodische Wackelbild, das auch einen
Haufen Geld kostet.« Die Silberbände wurden als altmodisch empfunden,
dem Vertrieb gefiel der »uncoole Kram« nicht, den man »nur noch an die
Sammler« verkaufen könnte.
»Die Gestaltung ist aber für die
Sammler wichtig«, war mein sturer Standpunkt. »Wir können eine
eingeführte Produktform, die im Buchhandel absolut einmalig ist, doch
nicht einfach ändern.« Darüber ließ ich nicht mit mir diskutieren.
Das
grundsätzliche Problem war: Im Buchverlag gab es eine Reihe von
Kollegen, die nie eine Buchhandlung betraten – oder zumindest nicht den
Bereich, in dem Science Fiction oder Fantasy standen. Die
vorherrschenden Kochbücher, Rätselbände oder Billig-Ratgeber hatten
andere Einkäufer und wurden in separaten Bereichen einer Buchhandlung
angeboten; zudem liefen diese Titel vor allem über Kaufhäuser und große
Ketten.
Entschlossen setzte ich mich hin und formulierte nach
eingehenden Gesprächen mit den Kollegen in der Abteilung PERRY RHODAN
ein Thesenpapier. Der schlichte Titel lautete: »Weiter nach dem
›Schwarm‹?« Ich wollte fürs Jahr 2006 planen und dem Verlag eine Option
für die nahe Zukunft präsentieren.
Der »Schwarm«-Zyklus war zu
jener Zeit im Buchhandel angelaufen. Wir hatten die Silberband-Ausgaben
dieses Zyklus genommen und sie als Paperbacks zu einem guten Preis
erneut in den Handel gebracht. Der Buchverlag hatte uns leider nicht
optimal unterstützt; die Information an den Buchhandel hatten
beispielsweise wir von der Redaktion verschickt – auf unsere Kosten und
während unserer Arbeitszeit. Trotz aller Widerstrebungen waren die
Verkaufszahlen allerdings so, dass der Verlag sein Geld damit verdiente.
Meine Argumentation: »Im Frühjahr 2006 erscheinen die Bände 8
und 9. Da die Verkaufszahlen nicht schlecht sind, ist eine anschließende
Paperback-Edition mit PERRY RHODAN-Produkten sinnvoll.« Ich stellte
verschiedene Optionen vor.
Der Schwerpunkt war der
»Plophos«-Zyklus. Dieser war bekanntlich nie in den PERRY
RHODAN-Silberbänden erschienen. Zwischen den Büchern 20 und 21 wurden
damals etwa 20 Heftromane ausgelassen, damit die Handlung schneller
voranschreiten konnte. Wir hatten in einer Lizenzausgabe beim
Bertelsmann-Club diese Hefte zu den »Plophos«-Büchern 1 bis 4
zusammengefasst. Diese vier Titel könnte man doch – so mein Kalkül – mit
relativ geringem Aufwand als Paperbacks in den Buchhandel bringen.
Ich
versuchte, so zu argumentieren, dass es auch Vertriebsleute verstehen
würden: »Diese Bücher kamen nie auf den ›freien Markt‹, sind somit für
den PERRY RHODAN-Fan sehr spannend.« Gegenüber dem Buchhandel könnte man
die Bücher als »neu« anbieten, man könnte sie zu den Silberbänden
stellen, aber in einer frischeren Optik.
Mein Plan: »Es
erscheinen insgesamt vier Bände: zwei im September 2006, zwei im
November 2006.« Allerdings sei auch etwas anderes möglich: »Wir machen
daraus dicke Paperbacks, die zu einem höheren Preis angeboten werden«,
schlug ich vor. Andere Verlage erhielten zu der Zeit mit umfangreichen
Paperbacks gute Erfolge. »Dann wären es zwei Bände à 800 Seiten, einer
im September, einer im November«, argumentierte ich.
Wenn
»Plophos« nichts sei, so schlug ich weiter vor, könnte man doch andere
Zyklen als Paperbacks veröffentlichen: »Der definitiv interessanteste
PERRY RHODAN-Zyklus sind die ›Meister der Insel‹, kurz ›MdI‹. Die
Silberbände 21 bis 32 ergeben zwölf Paperbacks.«
Aus diesen zwölf
Titeln könnte man auch sechs dicke Paperbacks machen; es wäre alles
kein Problem. Sogar den »Sternenozean«-Zyklus hielt ich für umsetzbar:
Das wäre neues Material, das bereits vorliege, es gebe zudem eine
Hörspiel-Edition, die parallel laufe.
Mein Papier wurde am 11.
Oktober 2005 verteilt und im Rahmen der Buchmesse mit den Buchvertretern
diskutiert. Die Gespräche verliefen mal gut, vor allem, wenn ich mit
den Vertretern direkt in Kontakt trat, und mal schlecht – immer dann,
wenn ich jemandem erklären musste, was ich denn mit Paperbacks genau
meinte.
Später wurde das »Plophos«-Konzept umgesetzt, aber es
wurde eine sehr schwere Geburt. Und die letzten Titel erschienen in
einer Zeit, in der unser Buchverlag geschlossen wurde – das aber ist
dann wieder eine ganz andere Geschichte ...
3 Kommentare:
Damals kursierten ja schon - ganz schön gelbe - Bilder der MdI Paperbacks. Wäre als "der" klassische Zyklus schlechthin sicher gut gegangen.
Habe mir dann durch das Nichterscheinen 108 € erspart. Schade.
GH
Hallo
es wurde ja schon von Ihnen mal an anderer Stelle angedeutet, dass das Lekrorat(also auch Sie)Aufgaben des Vertriebes übernehmen, da diese wohl keine Ahnung, oder eher kein wirkliches Interesse an die Entwicklung des Verkaufs von PR haben.
Nun ja, ich finde es erheiternd, das im Verlagsvertrieb jemand mit dem begriff Paperback nichts anfangen kann ;)))
Evt. hätte es ja auch der deutsche Begriff Taschenbuch besser erklärt?
;)
Hm, es könnte aber auch sein, dass beide Seiten den Begriff nicht richtig verstanden. bzw. angewendet haben?
Sie, Herr Frick meinten eigentlich ein Trade Paperback- manchmal auch Tradeback genannt. Der Buchblock, also das Format der Seiten in Größe und Druck entsprechen der (Silber)Buchausgabe(ist somit in der Herstellung günstiger als bei der kleineren TB-Ausgabe(ausser man plant eine hohe Auflage, dann rechnen sich die neuen Layoutanforderungen, Kosten. War das dem Vertrieb klar? Soweit ich verstanden habe, Ihnen schon.
Hier klingt es aber danach, dass es an den Begrifflichkeiten gehapert hat. Schauen Sie sich mal den Begriff Paperback sowohl im deutschen, als auch im englischen an, da gibt es leiche Unterschiede, die schon erstaunen. Auf der Frankfurter Buchmesse habe ich mal bei einen Gespräch bei Randomhouse bei der Gestaltung von Büchern sowas zwischen Amerikanern und Deutschen erlebt, dabei habe ich mich zuerst gewundert und dann verstanden, woran es da Anfangs haperte. Dessen ungeachtet hatten die, oder der Vertriebler, mit dem Sie es zu tun hatten wohl einen sehr schlechten Tag ;)
Vielen Dank für Ihre Teilhabe an Ihren Erinnerungen.
Das Machen von PR interessiert mich sehr
MfG
Danke, lieber Markus Gartung,
für die Reaktion. Wir haben damals sicher aneinander vorbeigeredet: Vertrieb und Redaktion benutzten andere Begriffe ...
Ich meinte damals schon ein »Trade Paperback«, was eindeutig war: Mit den neun »Schwarm«-Romanen lagen ja bereits neun dieser Paperbacks vor, an denen man sich orientieren konnten.
Im Nachhinein kann ich über manche Missverständnisse nur den Kopf schütteln - aber das wird den ehemaligen Kollegen vom Buchverlag sicher ebenso gehen.
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