Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
(Vorbemerkung: Der folgende Text ist bereits in der Zeitschrift »SOL« veröffentlicht worden. Wir reichen ihn hier zur Dokumentation nach.)
Am Montag, 4. Dezember 2000, ging es nach unseren Vorträgen zu PERRY RHODAN in die Diskussion. Fragen wurden gestellt, Robert Feldhoff und ich antworteten.
Irgendwann meldete sich einer der Drehbuchautoren in der Runde zu Wort. Er habe im Vorfeld in einige der Romane hineingelesen, erzählte er, und dabei sei ihm eines aufgefallen. PERRY RHODAN sei seiner Ansicht nach recht humorlos. Bei der Lektüre aktueller Romane könne er kaum lachen, dabei sei Humor doch so wichtig.
Robert und ich sahen uns verwirrt an. Was sollte das jetzt? Ich stimmte ihm zu, was den mangelnden Humor anging, war mir aber nicht sicher, was der Drehbuchautor wollte.
Auf eine Frage von Eckhard Schwettmann gab er eine klare Antwort. »Wir können es so machen«, schlug er vor. »Ihr schickt mir immer die aktuellen Manuskripte, nachdem sie bei euch eingetroffen sind. Ich schreibe euch zwei, drei Witze rein, damit die Romane lustiger sind, und dann schicke ich sie euch zurück.«
Ab diesem Moment war ich nicht mehr irritiert, sondern entsetzt. Auch Roberts Blick war eher abweisend. Eckhard blieb locker. Das sei eine sehr gute Idee, lobte er, und man werde sie im Verlag sehr gründlich prüfen. »Das machen wir doch, oder?«, fragte er in meine Richtung und nickte mir zu.
Ich nutzte die Chance und nickte ebenfalls. »Wir prüfen das«, versprach ich und nahm mir vor, das Thema nie auch nur ansatzweise anzugehen. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie die Autoren diese Vorgehensweise aufnehmen würden …
Die eigentliche Veranstaltung war an diesem Tag bald vorüber. Nach einer kleinen Pause trafen wir uns zum gemeinsamen Abendessen. Ich saß neben einem Mann, dessen Firma sich vor allem mit CGI-Arbeiten beschäftigte. Der Begriff stand, wie er mir erzählte, für Computer Generated Imagery, und es ging letztlich um animierte Bilder bei Filmen.
Bisher war er vor allem für das Fernsehen tätig, wobei er die unterschiedlichsten Genres bediente. Ein Hubschrauber, der durch eine Häuserschlucht flog, wurde eben von seiner Firma in den Film eingebaut und nicht mit filmischen Mitteln »live« gedreht. Das alles fand ich sehr spannend; für mich waren das neue Themen, und ich stellte mir schon vor, wie eine Space-Jet durch die Häuserschluchten von Terrania flitzte.
Später spazierten Robert Feldhoff und ich zusammen mit den künftigen Produzenten der Serie in den Park, der sich neben dem Hotel erstreckte. Wir stellten uns gegenseitig vor, ich fand ihn sehr sympathisch. Ob er auch kompetent war, konnte ich nicht beurteilen. Bisher hatte er vor allem »nonfiktionale« Produktionen betreut, also Spiel-Shows und andere Themen fürs Privatfernsehen. Ob er es schaffen würde, ein Science-Fiction-Thema auf die Beine zu stellen?
Er fragte uns ein wenig aus. Wie wir uns denn die Verfilmung vorstellen würden? Wir hätten uns doch bestimmt Gedanken dazu gemacht. Er habe bereits ein Konzept im Kopf, aber er wolle gern unsere Meinungen hören.
Ich skizzierte das, was ich mir im Zug ausgedacht hatte: eine Art galaktischer Schnitzeljagd. Jede Serienfolge sollte auf einem anderen Schauplatz spielen, mal auf einem Raumschiff, dann wieder auf einem Planeten, und jede Folge sollte in sich abgeschlossen sein. Das war oberflächlich, und ich wusste das, aber ich war nun einmal niemand, der Fernsehserien mochte.
Robert Feldhoff wurde konkreter. Er meinte, man müsse – um PERRY RHODAN wirklich zu erfassen – unbedingt versuchen, einen der klassischen Zyklen nehmen und auf die Folgen einer Fernsehserie herunterzubrechen.
»Stellt euch einen Sonnentransmitter vor, durch den Raumschiffe fliegen«, sagte er; das sei sicher ein phantastisches Bild und würde die Zuschauer verblüffen. »Oder stellt euch eine Welt ohne Liebe vor«, machte er einen neuen Handlungsbogen auf. Er schlug darüber hinaus vor, einen aktuellen Handlungsbogen umzusetzen. Der »Thoregon«-Zyklus laufe derzeit, er komme bei den Lesern gut an, und er habe viele optische Elemente.
Der Produzent hörte sich alles interessiert an. Er machte sich allerdings keine Notizen und sprach nie wieder über unsere Überlegungen mit uns.
Am nächsten Tag folgte ein Vortrag auf den anderen. Der Vormittag gehörte der Science Fiction im Allgemeinen. Die Ursprünge des Genres, seine wichtigsten Autoren, Romane und Filme – das alles wurde in kurzen Filmen und Dia-Vorträgen präsentiert. Auffallend fanden alle, dass die SF-Leser zu einem großen Teil männlich seien, während die Geschlechter bei den Fernsehzuschauern anders verteilt waren: Bei manchen Serien schalteten sogar mehr Frauen als Männer ein.
An alle Teilnehmer der Runde wurden Kopien verteilt. Sie enthielten Definitionen zur Science Fiction, dazu eine Darstellung der wichtigsten Figuren – etwa der »Mad Scientist« – innerhalb der phantastischen Literatur. Ebenso wurden Grundlagen zur PERRY RHODAN-Serie an alle verteilt, aus denen die wichtigsten Figuren und Zyklen hervorgingen. Ich hoffte, dass sich alle einlesen würden. Die Verfilmung unserer Serie konnte nur zu einem Erfolg werden, wenn alle sich möglichst gut über die Inhalte informierten.
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