02 Mai 2016

»Lemuria« wird entwickelt

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Bei meinem Besuch in München ging es am 13. Januar 2004 vor allem um ein wichtiges Thema: Mit Sascha Mamczak, dem verantwortlichen Lektor für Science Fiction und Fantasy, sprach ich über die nächste »Sechser-Staffel«, die wir bei Heyne veröffentlichen wollten. Das Konzept der geplanten »Lemuria«-Staffel hatte der Kollege für gut befunden, auch die weiteren Abläufe leuchteten ihm ein.

»Hubert Haensel schreibt die Exposés für die sechs Taschenbücher«, erläuterte ich. »Er kennt sich hervorragend mit der PERRY RHODAN-Historie aus und ist dank seiner Arbeit an den Silberbänden in allen Vergangenheitsthemen bestens involviert.«

Bei dieser Wahl legte Sascha Mamczak ebensowenig Widerstand ein wie bei der Tatsache, dass Frank Borsch als Redakteur die Miniserie steuern sollte. Wir waren uns darüber hinaus einig, dass Frank auch den ersten Band schreiben sollte. Sascha kannte Frank bereits, der Autor hatte für Heyne übersetzt. Die beiden standen bereits im Dialog, ob man nicht bei weiteren Themen zusammenarbeiten würde – auch außerhalb von PERRY RHODAN.

»Lasst den Band doch auf der Erde spielen«, schlug Sascha Mamczak vor, der sich ansonsten wenig mit den Inhalten unserer Taschenbücher auseinandersetzte. Damit hätten wir einen stärkeren Anreiz für unsere Stammleser, die Miniserie zu kaufen. Auch für den Vertrieb sei das ein gutes Argument. Ich stimmte zu, das sollte sich machen lassen: Immerhin sollten die lemurischen Generationenraumschiffe letztlich auf Terra starten.

Der Heyne-Kollege legte stets Wert darauf, dass es einen Bezug zu den Science-Fiction-Lesern seines Programms gäbe. Auch für die Vertriebskollegen bei Heyne sei es sinnvoll, einen bekannten Namen zu haben. »Hans Kneifel kennen die alle wegen seiner historischen Romane«, so Mamczak, »und Leo Lukas hat mit ›Wiener Blei‹ sogar einen Preis gewonnen.«

»Unbedingt« aber wollte er Andreas Brandhorst als Autor dabei haben. Er mochte die Arbeiten dieses Schriftstellers, »den brauchen wir für den dritten Band«. Wir müssten ihm allerdings ein Thema geben, das nicht zu viele Vorkenntnisse der PERRY RHODAN-Serie verlangte. Zu diesem Zeitpunkt überlegte ich bereits, Andreas Brandhorst mit einer Vergangenheitshandlung zu betrauen: Immerhin musste ein Teil der Handlung in der Zeit spielen, in der auf dem Planeten Zeut die riesigen Raumschiffe der Lemurer gebaut werden.

»Der fünfte Roman könnte von Thomas Ziegler stammen, mit dem ich schon im Kontakt stehe«, überlegte ich. Da waren wir beide einer Meinung. Sascha kannte zwar nicht die PERRY RHODAN-Romane Zieglers, schätzte aber seine allgemeine Science Fiction sowie die guten Übersetzungen. Wir waren uns einig: Ein Taschenbuch von Thomas Ziegler ergäbe einen echtem »Aha«-Effekt.

Uwe Anton, den wir beide mochten, wollten wir diesmal eher zurückstellen. »Ich brauche auch gute Autoren für die PERRY RHODAN-Heftromanserie«, argumentierte ich. Zudem müsste er sich unbedingt um die ATLAN-Serie kümmern. Mit den Herren Borsch, Brandhorst, Ziegler, Kneifel, Lukas und – natürlich! – Haensel hatten wir auf jeden Fall eine Zusammenstellung, die den Lesern packende Unterhaltung liefern würde und die man dem Vertrieb gegenüber erklären konnte.

»Ich hätte gern wieder Bonus-Themen«, brachte Sascha Mamczak ein ebenso wichtiges Thema auf. Bei den »Andromeda«-Taschenbüchern hatten wir Risszeichnungen und Datenblätter. Bei »Lemuria« könnte das, so schlug ich vor, mit Aliens entsprechend fortgesetzt werden. »Wir bringen zu jedem Buch das Porträt eines coolen Außerirdischen«, überlegte ich. »Das Bild kommt von Swen Papenbrock, der sich sehr gut mit der Serie auskennt, den Text könnte Hubert Haensel liefern.« Sascha fand das interessant, aber diese Porträts sollten »im Buch auch handlungsrelevant sein«.

Bei den »Odyssee«-Taschenbüchern hatte jeweils ein umfangreicher Artikel von Rüdiger Vaas die Romane ergänzt; für »Lemuria« wollten wir ebenfalls ein »großes Bonus-Thema« haben. Unsere gemeinsame Überlegung: »Wir bringen eine Artikelreihe, zusammengestellt von Hartmut Kasper. In dieser Reihe werden wichtige SF-Themen des jeweiligen Buches aufgegriffen und in einen PERRY RHODAN- sowie allgemeinen Science-Fiction-Kontext gestellt.« Das könnte nicht nur die PERRY RHODAN-Leser faszinieren, sondern auch die Leser der allgemeinen Science Fiction ansprechen.

Im ersten Beispiel könnte es beispielsweise um »Generationenraumschiffe in der SF« gehen, angefangen bei den Klassikern von Alfred Elton van Vogt und anderen bis hin zum »Raumschiff der Ahnen« oder der SOL innerhalb der PERRY RHODAN-Serie. Ich stellte mir die Artikel schon richtig vor, und auch Sascha Mamczak war davon angetan.

Im Rahmen unserer Besprechung ging es darüber hinaus um Marketing-Aktionen, gemeinsame Veranstaltungen, Werbetexte und Anzeigen. Könnte Heyne eine vierfarbige Beilage in den PERRY RHODAN-Romanen schalten, wären wir in der Lage, die Bücher entsprechend in unseren Medien zu präsentieren? Als ich an diesem Abend von München aus nach Hause fuhr, war mein Kopf voller neuer Ideen und Planungen. Ich war mir sicher, dass wir mit den sechs Taschenbüchern des geplanten »Lemuria«-Zyklus auf einem richtig guten Weg waren ...

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