Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Der Samstag, 9. Oktober 1993, brachte in seinem Verlauf noch einige sehr nette Begegnungen. Am Stand der Verlagsunion Pabel-Moewig auf der Frankfurter Buchmesse kam ich gut in Fahrt. Ich unterhielt mich mit PERRY RHODAN-Lesern, die ich schon kannte, oder führte Gespräche mit Menschen, die Informationen über die Serie brauchten.
Über einen Messebesucher freute ich mich besonders: Dr. Helmut W. Pesch kam vorbei. Ich hatte ihn zu Beginn der 80er-Jahre in der Fan-Szene kennengelernt. Als junger Mann hatte er für die MYTHOR-Serie Illustrationen und Karten angefertigt, längst hatte er seine Karriere in der Branche angefangen und war nun für das Buchprogramm bei Bastei-Lübbe verantwortlich.
Mit ihm und Florian Marzin hatte ich eine schöne Kaffeerunde, bei der ich einiges über die Arbeit anderer Verlage erfuhr. Florian und Helmut erzählten von ihren Terminen mit Literaturagenten auf der Messe und ihren Gesprächen mit bekannten Schriftstellern. Für mich als jungen Redakteur war das alles sehr spannend.
Kurz vor Feierabend ließ sich auch Achim Mehnert bei uns sehen. Ich freute mich sehr, den Fan und angehenden Profi-Schriftsteller aus Köln zu treffen. Wir kannten uns seit den frühen 80er-Jahren, wir hatten uns oft gegenseitig besucht. Stolz zeigte ich ihm den Messestand, vor allem unseren Besprechungsraum und die kleine Küche, aus der ich ihm etwas zu essen und zu trinken organisierte – nach einem langen Messetag schmerzten ihm nicht nur die Füße, sondern er hatte auch Hunger und Durst.
Essen, Trinken und Plaudern: Wir kamen leider nicht so früh aus dem Buchmessegelände hinaus, wie wir das eigentlich geplant hatten. Achim fuhr, ich saß auf dem Beifahrersitz. Wir hatten die Verkehrsverhältnisse in der Innenstadt von Frankfurt völlig falsch eingeschätzt und standen kurz nach Verlassen der Messe im Stau.
Wir rollten in einem Tempo durch die Stadt, das jeder Fußgänger übertreffen konnte, und benötigten lang bis zum Südbahnhof. Das lag sicher auch daran, dass wir beide ortsfremd waren und Achim in seinem Auto auf luxuriöse Dinge wie eine Straßenkarte oder einen Atlas verzichtete. Als wir endlich am Con ankamen, war fast halb neun Uhr.
Hermann, der sich zwischen den Con-Besuchern ziemlich langweilte, empfing uns mit ziemlich schlechter Laune. »Wo wart ihr denn so lang?«, maulte er zu Recht und ließ sich erst nach einiger Zeit besänftigen. Er versicherte, auf dem Con sei nicht viel los, und wir sollten erst einmal etwas essen gehen.
In diesem Jahr war der BuchmesseCon vor allem ein Treffen der Horror-Fans; Gespräche über Serien wie »John Sinclair« oder »Professor Zamorra« herrschten vor, und die Science Fiction fristete ein Schattendasein. Nachdem Achim und ich kurz durch die Räumlichkeiten des Cons gegangen waren, fanden wir die Idee, eine Pizzeria zu besuchen, viel ansprechender.
Wir waren nicht die einzigen, die den Con verließen; es war gut ein halbes Dutzend Science-Fiction-Fans, die auf einmal loszogen. Einige hundert Meter weiter steuerten wir eine Pizzeria an. Ob dort jemand einen Tisch reserviert hatte oder ob wir einfach so viel Platz fanden, erfuhr ich an diesem Abend nicht.
Es wurde auf jeden Fall sehr lustig. Ich aß eine Pizza, trank einige Gläser Bier und ein bisschen Grappa – das hatte ich mir, so fand ich, nach dem langen Messetag auch verdient. Und weil ich nicht fahren musste, wollte ich die Lage ausnutzen.
Hermann als Fahrer blieb nüchtern, verhielt sich inmitten der lautstarken Meute an Science-Fiction-Fans allerdings, als hätte er zu viel Alkohol im Blut. Er riss einen Witz nach dem anderen, er ließ sich auf ein Duell ein, das er verlor und an dessen Ende er mit nacktem Oberkörper im Lokal zu sitzen hatte. Ich brach fast zusammen vor Lachen, den anderen am Tisch ging es sehr ähnlich.
Wir fuhren irgendwann von Frankfurt nach Weiterstadt, wo ich mich zu vorgerückter Stunde schlafen legte.
Am nächsten Morgen hatte ich einige Schwierigkeiten mit dem Aufstehen und fühlte mich einigermaßen verkatert. Hermann bekam mich aber wach, bugsierte mich mithilfe von schwarzem Kaffee in sein Auto und fuhr mit mir nach Frankfurt.
Wir schafften es tatsächlich, schon um neun Uhr am Messestand des Verlages zu sein, wo ich mir gleich wieder einen Kaffee gönnte. Wenn ich mir allerdings die Kolleginnen und Kollegen ansah, ging es mir gleich besser. Offensichtlich hatte man an der Hotelbar noch lange »getagt«, so richtig fit war niemand.
Aber am Sonntag hatten die meisten Verlagsangestellten keine Termine mehr: Es kamen keine Buchhändler mehr auf die Messe, auch keine Lizenzgespräche waren zu führen.
Dafür ließen sich die PERRY RHODAN-Leser sehen, und das wiederum betraf Arndt Ellmer und mich. Beispielsweise besuchte eine Delegation des Science-Fiction-Clubs Universum aus dem Saarland unseren Messestand. Ich kannte die Leute teilweise, weil sie 1986 beim WeltCon in Saarbrücken als Helfer tätig gewesen waren. Ihre Reihe »Zeitraffer«, in der einzelne Zyklen unserer Serie kurz zusammengefasst wurden, mochte ich sehr, und ich nutzte sie regelmäßig als Nachschlagewerk.
So ergaben sich im Verlauf des Tages noch mehrere angenehme und positive Gespräche. Ich bekam das Gefühl, auf dieser Messe nicht ganz unnötig zu sein …
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