14 Januar 2021

Erste Konzepte zu Moewig Fantastisch

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Das Jahr 1999 ging positiv zu Ende: Wir hatten in Mainz einen wunderbaren PERRY RHODAN-WeltCon erlebt, den Klaus Bollhöfener organisiert hatte, ich hatte als Redakteur eine Reihe von gelungenen Manuskripten vorliegen, und der Jubiläumsband 2000 hatte sehr gut eingeschlagen. Ich konnte also positiv in die Zukunft blicken.

Deshalb machte ich mir in den ruhigen Tagen zwischen den Feiertagen einige Gedanken zu »Moewig Fantastisch«. Dabei handelte es sich um eine Idee von Eckhard Schwettmann. Er trug sich seit langem mit dem Gedanken, die klassischen Serien aus dem Moewig-Verlag in aufgefrischter Form aufleben zu lassen. Mit diesen Serien hoffte er auf einen neuen Anlauf im Buchhandel. Das erschien vor allem den Vertriebsleuten als sehr riskant – aber wenn Eckhard von etwas begeistert war, ließ er sich von dieser Begeisterung so schnell nicht abbringen.

»Schreib doch mal auf, wie du so eine Reihe veröffentlichen würdest«, schlug er mir vor. »Ich mache die Marketing-Argumente dazu, und wir schlagen es dem Vertrieb und der Verlagsleitung vor.«

Nach Weihnachten begann ich mit der Arbeit an einem Konzept zu »Moewig Fantastisch«, das ich am 2. Januar 2000 beendete. Es blieb unvollendet, weil nach mehreren Gesprächen klar wurde, dass wir einen anderen Weg einschlagen würden. Aber die Idee, Moewig in einen »Verlag für Unterhaltungsliteratur« zu verwandeln, beseelte uns zu Beginn des Jahres.

Ich dachte bereits an die Frankfurter Buchmesse. Im Jahr 2000 feierte der Moewig-Verlag seinen hundertsten Geburtstag. Eckhard hatte das altehrwürdige Verlagslogo überarbeiten lassen, er hatte eine Reihe von Marketing-Überlegungen entwickelt, und nun wollte ich mit »Moewig Fantastisch« eine inhaltliche Ergänzung liefern.

Die Idee war, zum Jubiläum einen Schuber mit vier Hardcover-Bänden zu veröffentlichen. Jedes der Bücher sollte für sich zu kaufen sein, aber der Schuber unter dem Logo »Moewig Fantastisch« so angelegt werden, dass er für viele Leser zum Sammelobjekt wurde.

»Bei PERRY RHODAN, MYTHOR und ATLAN sollte es sich um neu geschriebene Romane handeln, bei TERRA ASTRA ganz ausdrücklich um einen Nachdruck längst vergriffener Romane«, schlug ich zum Inhalt vor. »Damit werden auch verschiedene Lesergruppen angesprochen.«

Was den Umfang anging, hatte ich bereits gerechnet. Ich wollte vergleichsweise schmale Bücher haben, die 224 Seiten umfassten. Mein Ziel: »Damit können in großzügigerem Satz rund zwei Heftromane in einem preiswerten Hardcover für DM 16,80 publiziert werden.«

Gedanken zur Optik hatte ich mir ebenfalls gemacht, wenngleich die eher amateurhaft anmuteten; man merkte, dass ich kein Grafiker war. Ich wollte Bilder, die »eindeutig einem Gerne zugeordnet werden« konnten. Konkret hieß das: »für PERRY RHODAN-Extra eine schöne Weltraum-Szene mit modern wirkendem Raumschiff, für TERRA ASTRA ein klassisches SF-Bild (eventuell ein uralter Bruck) mit Raketen, für ATLAN ein Action-Bild mit SF-Charakter, für MYTHOR eine spannende Action-Szene mit schwertschwingendem Helden«.

Wichtig erschien mir eine optische Gemeinsamkeit als »verkäuferisches Argument«: Wie war es möglich, den Reihencharakter von »Moewig Fantastisch« so aufzugreifen, dass die Bücher unverwechselbar waren? Jedes Buch sollte eindeutig zu erkennen sein, und ich wollte nicht, dass man beispielsweise PERRY RHODAN und MYTHOR verwechseln konnte.

(Später entwickelten die Grafiker unter der Ägide von Eckhard Schwettmann eine Titelbildgestaltung, die das »M« für »Moewig« aufgriff. Das wurde aber nicht von allen Händlern und Kunden verstanden. Wie es dazu kam und welche Reaktionen es gab, war allerdings nicht mehr Sache der Redaktion, weshalb ich darüber nichts erzählen kann.)

In der Folge skizzierte ich die Idee für eines der geplanten Bücher. Bei PERRY RHODAN hatte ich schneller Ideen, und diesmal griff ich auf einen Gedanken zurück, den ich vor einigen Jahren entwickelt hatte. Die Geschichte sollte zwischen den Bänden 1999 und 2000 spielen.

Vor allem peilte ich »so etwas wie eine positive Utopie« an. Perry Rhodan als Figur sollte »stark in den Vordergrund« gespielt werden. Und: »Wir schaffen zudem ein starkes Internet-Thema.« Zu Beginn des Jahres 2000 war das Internet immer noch ein vergleichsweise neues Medium, das vor allem die »jungen Leute« faszinierte. Was also lag für mich näher als die Kultur der Nonggo, in der wir bereits 1996 eine »Internet-Kultur« in unserer Serie vorgestellt hatten?

»Der Roman spielt auf zwei Ebenen, die eine davon wurde von Arndt Ellmer bereits in einem Heftroman vorgegeben«, schrieb ich: »Auf der einen Handlungsebene bereist Perry Rhodan die anderen Thoregon-Galaxien, auf der anderen Handlungsebene wird das Schicksal der Menschen aus Kalkutta-Süd behandelt, die es auf die Sphärenräder der Nonggo verschlagen hat. Während auf der Rhodan-Handlungsebene so kosmische Themen angerissen werden können, geht es auf der Kalkutta-Handlungsebene vor allem um menschliche Schicksale, die anhand einer Hauptperson geschildert werden können.«

In meinem Arbeitspapier schrieb ich von Menschen, die sich ins Netz einklinken sollten: »Sie bekommen neue Chips verpasst, sie werden selbst teilweise Bestandteile einer gigantischen Matrix.« Der »Anklang an die aktuellen Themen« wie Internet oder die Zukunft der Medien sei beabsichtigt und solle »im Roman auch ausführlich thematisiert werden«. Mit meiner Idee wollte ich an Eckhard Schwettmanns Medienüberlegungen anknüpfen: »Letzten Endes kann ein solcher Roman die PR-Serie wieder zusätzlich in die Diskussion bringen!«

Bekanntlich kam alles ein wenig anders. Von »Moewig Fantastic« – wie das Ganze dann wirklich hieß – erschienen einige Titel, die in eine andere Richtung gingen und sich nicht besonders gut verkauften. Und aus der Nonggo-Idee entstand am Ende ein Roman der Autorenbibliothek, der den Titel »Im Netz der Nonggo« trug und im September 2000 in den Handel kam …

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