10 Februar 2010

Rückblick auf ein spannendes Seminar

Ein Logbuch der Redaktion

Dieses Logbuch kommt ein wenig verspätet, wofür ich um Verständnis bitte: Ein Seminar in Wolfenbüttel ist nicht so wichtig wie die wöchentlich erscheinenden Romane – von daher geht die »normale« Arbeit immer vor. Und so erscheint dieses Logbuch eben einige Wochen nach dem Seminar, das die Autorin Kathrin Lange und ich als Dozenten am Wochenende des 22. bis 24. Januar 2010 an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel hielten.

Das Thema hatten wir diesmal bewusst ein wenig »weiter gefasst« - wir nannten es »Phantastische Literatur schreiben: Langformen in Fantasy, Horror und SF« und wollten damit die Science-Fiction-Grenzen zumindest teilweise verlassen. Der Erfolg gab uns insofern recht, dass diesmal sehr viele Anmeldungen vorlagen und die Akademie im Voraus »sieben« musste. Und es stellte sich heraus, dass die meisten der anwesenden Autorinnen und Autoren eher aus der Fantasy kommen oder die Science Fiction eher als Randgebiet betrachten.

Für die Gestaltung des Seminars war es uns gleichgültig, aus welchen Richtungen die Autoren kamen: Schließlich sind die grundsätzlichen Techniken des Erzählens dieselben, egal, ob man sie nun auf Science Fiction oder Fantasy oder sonstige unterhaltende Literatur anwendet. Diesmal stellten wir im Vorfeld eine Aufgabe – das machen wir immer –, bei der wir bewusst nicht nur Science Fiction, sondern auch Fantasy und Horror berücksichtigen wollten. Ich zitiere aus der Ausschreibung:

»Hiermit überreichen wir Ihnen zwei magische Spiegel (für die Science-Fiction-Autoren: zwei tragbare Multiversumstransmitter). Stellen Sie sich vor, Ihre beiden Hauptfiguren bekommen unabhängig voneinander ein solches Ding in die Finger – und es bringt sie beide ohne Zeitverlust direkt in unsere eigene Gegenwart, ins Deutschland im Dezember 2009, wo sie sich zum ersten Mal begegnen.«

Als zusätzliche Angabe fügten wir noch hinzu: »Wir möchten eine Szene lesen, in der wir aus Dialog und Handlung möglichst viel über den Charakter der Figuren erfahren.« Das ganze sollte zudem fünf Normseiten nicht überschreiten. Die eingeschickten Texte wurden von der Bundesakademie zu einem sogenannten Reader gebunden und im voraus an alle Teilnehmer verschickt – sie bildeten die Grundlage für das Seminar.

Das wiederum begann am Freitag, 22. Januar 2010, mit einer Vorstellungsrunde sowie Einblicken in die Arbeit von Verlagen, die Kathrin Lange und ich gaben. Wie funktioniert ein Lektorat, was macht eine Vertriebskonferenz, mit welchen Schwierigkeiten muss sich ein Autor herumschlagen, bevor sein Manuskript gedruckt wird, und wie schwer ist es eigentlich, vom Dasein als Schriftsteller gut leben zu können?

Am Freitagabend diskutierten wir über die eingesandten Texte. Die Qualität war sehr vielfältig, die stilistisch-inhaltliche Ausrichtung ebenfalls. Zum Teil gingen wir sehr detailliert auf die Texte ein, was manchmal ausführliche Diskussionen zur Folge hatte. Wir stellten fest, dass viele Autorinnen und Autoren ihre Probleme damit hatten, Charaktere glaubwürdig und handfest zu schildern – und auf dieser Feststellung bauten Kathrin Lange und ich den weiteren Verlauf des Seminars auf.

Unter anderem stellten wir am Samstag morgen, 23. Januar 2010, eine Aufgabe, in der sich die Teilnehmer stärker mit ihrem Romanprojekt auseinandersetzen sollten. Und am Sonntag gab es eine Aufgabe, die noch einmal beim Charakterisieren der Hauptfiguren helfen sollte. Die Ergebnisse der Aufgaben wurden jeweils im Plenum präsentiert und besprochen; wie immer fand ich interessant, welch unterschiedliche Geschichten jeweils entstanden.

Selbstverständlich wurden alle eingereichten Texte im Verlauf des Seminars diskutiert. Ebenso selbstverständlich war, dass in den Pausen und nach Feierabend noch lange nicht Schluss war: Nachts ging es immer bis zwei oder drei Uhr, wo die Autoren zusammensaßen, über »Gott und die Welt« diskutierten oder über ihre Schreibprojekte sprachen. Es entwickelte sich unter vielen Teilnehmern die Arbeitsatmosphäre, die ich bei den Seminaren in Wolfenbüttel so zu schätzen gelernt habe.

Als ich am Sonntag, 24. Januar 2010, den Zug nach Süden bestieg, zurück aus dem eiskalten Wolfenbüttel ins ein bisschen kühle Karlsruhe, fühlte ich mich ein wenig erschöpft: eine normale Empfindung nach einem solchen Seminar, bei dem ich auch als Dozent stets neue Erfahrungen sammle und neue Dinge lerne ...

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