22 November 2010

Visionärer Roman als Taschenheft

Ein Logbuch der Redaktion

Letzte Woche kam das neunte PERRY RHODAN-Taschenheft in den Handel, auf dessen Erscheinen ich mich schon im voraus freute. Mit leichter Verspätung gibt's jetzt ein Logbuch der Redaktion zum Thema und zum Taschenheft.

Dieses stammt von Wolfpeter Ritter alias Peter Terrid, dessen Tod im Jahr 1998 ein echter Schock für mich war. Ich hatte mit dem Schriftsteller gut zusammengearbeitet, wir hatten über viele Themen diskutiert, und ich war immer wieder überrascht, wie gut informiert er sich über aktuelle Themen zeigte.

Das belegt auch bei dem Roman »Die andere Seite des Todes«, der erstmals im Jahr 1991 als Taschenbuch erschien. Er war damals seiner Zeit weit voraus, nicht nur deshalb, weil Terrid aktuelle Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung einfließen ließ. Inhaltlich ging es nämlich nicht um kosmische Intrigen oder gar Raumschlachten, sondern um ein Eindringen in die »innere Welt«, um virtuelle Welten im weitesten Sinn.

Der Roman spielt im vierten Jahrtausend alter Zeitrechnung, also lange vor der Zeit der Kosmischen Hanse oder der Liga Freier Terraner. Ein wichtiger Haupthandlungsort ist der Planet Gladmar IV, der in der Nähe des galaktischen Zentrums zu finden ist. (Gladmar IV ist eine Erfindung von Peter Terrid und spielt ansonsten in der Serie so gut wie keine Rolle.) Dort hat der Großrechner BORIS eine neue Art der Zivilisation entwickelt.

Menschen geben ihre bisherige Existenz auf, sie versuchen auf die nächste Ebene der Evolution zu wechseln. Träume und Wünsche werden Wahrheit, und der Geist hat Macht über den Körper; sie tauchen ein in eine Welt, in der man als bloßes Bewusstsein existieren kann. Als dann in dieser virtuellen Welt ein Mord passiert, was eigentlich unmöglich ist, muss die interstellare Ermittlerin Samantha Dryton in einen Einsatz der besonderen Art gehen ...

Das Taschenbuch kam 1991 in den Buchhandel. Computer standen zu dieser Zeit in vielen Haushalten und Büros, waren aber noch lange nicht so allgegenwärtig wie 2010; erzählt man jungen Leuten heute von den Kapazitäten dieser Rechner, schütteln sie nur den Kopf. Vom Internet in seiner aktuellen Form konnten normale »User« wie ich nicht einmal träumen, das lag für uns alle in weiter Zukunft.

Autoren wie William Gibson (bekannt durch seinen Roman »Neuromancer) und andere hatten in den 80er Jahren und bereits früher an weltumspannende Netze gedacht und darüber geschrieben; als Science-Fiction-Fans waren Wolfpeter und ich mit dem Metier des sogenannten Cyperpunk bestens vertraut. Aber das war für uns romanhafte Vorstellung, keine Realität, und im »Mainstream« war das Thema noch nicht angekommen.

Peter Terrids Roman war visionär – er kam lange vor dem Kinoerfolgen von »Matrix« oder Diskussionen über »Second Life« und soziale Netzwerke. Aus der Sicht des Jahres 1991 warf er einen phantasievollen Blick auf eine weit entfernte, aber nicht unrealistische Zukunft. Das fand ich damals neu, auch deshalb, weil er das ganze mit einer Krimihandlung verband. Was passiert denn, wenn in einer virtuellen Welt ein Mord passiert, und wie kann man diesen eigentlich lösen?

Im Jahr 2010 ist es durchaus interessant, einen erneuten Blick auf den Roman zu werfen. Beim Durchschauen der redigierten Version tat ich das, und das machte Spaß. Spannend war er damals schon, und das ist er heute ebenso. Heutzutage weiß man als Leser mehr über Computer und Internet, und das macht den Roman zusätzlich lesenswert. Möglicherweise sind viele der Visionen in diesem Roman heute überholt – aber das ändert nichts daran, dass er sich nach wie vor gut lesen lässt.

Bei der Neuauflage konnte ich mich wieder einmal auf Rainer Nagel verlassen. Er hat das Werk sorgsam durchgeschaut und behutsam modernisiert, was in diesem Fall heißt, dass er stärker in das PERRY RHODAN-Universum eingebunden wurde. Zudem wurde der Roman auf »gemäßigte neue Rechtschreibung« umgestellt, was heute einfach sinnvoll ist.

»Die andere Seite des Todes« erschien am Freitag, 19. November 2010. Ich bin schon jetzt auf die Reaktionen der Leser auf das 160 Seiten starke Taschenheft gespannt ...

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