01 September 2008

Wie wir Atlans Jugend starteten ...

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«:

Anfangs der 90er Jahre sah der ATLAN-Ablaufplan vom Prinzip her eigentlich ganz einfach aus: Wir nehmen die bisherigen ATLAN-Taschenbücher, lassen sie von Hans Kneifel noch einmal gründlich bearbeiten, streichen viel aus den Taschenbüchern heraus und machen daraus eine Edition, die rund zehn bis zwölf gebundene Ausgaben umfasst. Dass es nicht so einfach wurde, merkten die Beteiligten sehr schnell: Hans Kneifel als Autor, Rainer Castor, damals der »Mann im Hintergrund«, und ich als verantwortlicher Redakteur.

Und im Sommer 1997 zeichnete sich ab, dass die Buchreihe irgendwann ihr natürliches Ende finden würde. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt erst das zehnte ATLAN-Buch erschienen war, der Band »Balladen des Todes«, der im Mittelalter und danach spielt, hatte ich mit Hans Kneifel bereits darüber gesprochen, die Reihe mit Band 13 zum Ende zu bringen. Dann, so nahmen wir an, war die Geschichte der ATLAN-Zeitabenteuer zu Ende erzählt: Der Arkonide Atlan erreicht die Gegenwart und verschwindet in seiner Unterseekuppel, um dem drohendem Atomkrieg zu entkommen.

Es kam anders, und der Vertrieb war nicht unschuldig daran. Die ATLAN-Bücher verkauften sich nämlich ganz ordentlich, und die Buchvertriebsleute forderten die Redaktion auf, sich um eine Fortsetzung der Serie zu bemühen. Aufgrund dieser Forderungen machte ich mir grundsätzliche Gedanken und formulierte am 15. September 1997 ein Grundsatzpapier, das ich als Konzept an die Verlagsleitung weiterleitete.

Die Einleitung klang für mich logisch:

»Inhaltlich endet die ATLAN-Reihe mit Band 13 in der Neuzeit; konkret im Jahr 1971 – kurz vor der Mondlandung Perry Rhodans. Nach Absprache mit dem Autor der geplanten Fortsetzung, Rainer Castor, regt die Redaktion einen Kurzzyklus an, der drei Bände umfasst. In Anlehnung an den bisherigen Untertitel ›Zeitabenteuer‹ könnte dieser Zyklus den Untertitel ›Arkon-Abenteuer‹ oder noch besser ›Imperator von Arkon‹ tragen.«

Mir war klar, dass sich mein Konzept in erster Linie an Menschen richtete, die nicht die geringste Kenntnis von den Inhalten der ATLAN- und PERRY RHODAN-Serie hatte. Also musste ich ein wenig zur Handlung schreiben, das meiner Ansicht nach verständlich klingen könnte:

»Beginn der Handlung: im Jahr 2045, also in der Frühzeit der PERRY RHODAN-Handlung. Atlan übernimmt als Imperator das Reich Arkon und versucht es zu ›retten‹. Gegen Ende gibt er resigniert auf und wird als ›Lordadmiral‹ Chef der Geheimdienstorganisation USO.«

Mit meinen Marketing-Argumenten versuchte ich das zu tun, was ich zu jener Zeit als sinnvolle Strategie betrachtete: zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. »Eine direkte Fortsetzung der ATLAN-Zeitabenteuer ist gegeben; es passt alles logisch«, argumentierte ich, um die Fortsetzung im Buchhandel klarzustellen.

Und andererseits stellte ich inhaltliche Gründe ins Zentrum: »Die Romane haben stärkeren Science-Fiction-Charakter.« Immerhin hatte es gelegentlich Menschen gegeben, welchen die Struktur der ATLAN-Bände nicht nachvollziehbar gewesen war, die also nicht so richtig verstanden hatten, warum die Serie einerseits historisch und andererseits fantastisch war.

Ich schlug bereits Fortsetzungen vor: Sowohl die Jugend- als auch die USO-Romane der alten Heftromanserie präsentierte ich in meinem Konzept, das sich im wesentlichen auf Arbeiten Rainer Castors bezog. Darüber hinaus machte ich klar, welche Arbeiten auf uns zukommen würden.

Als Ausgangspunkt nahm ich »eine Manuskriptlänge von ca. einer Million Anschlägen und ein Seitenumfang von 400 Seiten«, wofür ich eine Kalkulation brauchte. Dass Rainer Castor bereits eine »fertige Diskette« liefern würde, vermerkte ich positiv – zu jener Zeit war das noch nicht selbstverständlich, und an Manuskripte per E-Mail dachte in der Redaktion kein Mensch. Darüber hinaus mussten dringend Verträge erarbeitet und weitere Vorgespräche geführt werden.

Der Zeitplan war ehrgeizig: Die Vertragsverhandlungen mit Rainer Castor wollte ich im Oktober 1997 abschließen; sein Grob-Exposé für die ersten drei Bücher wollte ich ebenfalls Oktober 1997 mit ihm diskutieren. Mit einem Einzel-Exposé für Band 14 rechnete ich für November 1997.

Dann sollte der Autor im Zeitraum Dezember 1997 bis Februar 1998 das Manuskript erarbeiten und an uns schicken; Sabine Kropp sollte es lektorieren. Bereits im Frühsommer 1998 wollte ich ein fertiges Manuskript haben, damit wir Leseexemplare für Buchhändler versenden konnten.

Daraus wurde letztlich nichts, und der Zeitplan kam ganz schön ins Rutschen. Trotzdem bildete dieses Konzept tatsächlich die Basis für die sogenannte Arkon-Trilogie innerhalb der ATLAN-Buchreihe, die aus den Bänden 14 bis 16 besteht. »Imperator von Arkon« erschien im März 1999, wie wir es geplant hatten, Rainer Castor etablierte sich als Arkon- und ATLAN-Spezialist sowie als Experte für komplizierte galaktische Geschichte – und wir schufen eine neue Ebene innerhalb des ATLAN-Kosmos.

Im Nachhinein bin ich froh, dass es in den Jahren 1997/98 auf diese Weise gelungen ist, die ATLAN-Buchreihe auf ein neues Fundament zu setzen und fortzuführen. Die Arkon-Trilogie halte ich nach wie vor für eines der ambitioniertesten Teile des Perryversums – und das nur eine Seite umfassende Konzept vom September 1997 lieferte dafür die Grundlage.

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