11 November 2025

Erinnerungen an Rainer Castor

Ein (verspätet nachgereichtes) Logbuch der Redaktion

Vor zehn Jahren starb ein Autor, der sich über viele Jahre hinweg als unverzichtbarer Teil unseres Teams etabliert hatte. Ich meine damit Rainer Castor, mit dem ich seit Mitte der 90er-Jahre zusammengearbeitet hatte. Und ich erinnere mich sehr gut, wie schockiert wir in der Redaktion waren, als wir die Nachricht von seinem plötzlichen Tod erhielten.

Rainer und ich lernten uns vor über dreißig Jahren kennen. Er war ein PERRY RHODAN-Fan, der sich durch unglaubliches Detailwissen auszeichnete und für den Autor Hans Kneifel wesentliche Teile der Recherche übernahm. Wir unterhielten uns gelegentlich bei Veranstaltungen, wir schrieben uns Briefe.

Eines Tages schickte mir Rainer den Ausdruck einer Datensammlung, die ich unfassbar fand: das sogenannte Grobraster, in dem er die wesentlichen Daten zu den Völkern und Sonnensystemen der Milchstraße zusammenfasste, inklusive weitergehender Vorschläge für Romane oder gar ganze Zyklen. Ich war fassungslos und begeistert zugleich, und ich verbrachte Stunden damit, durch das Werk zu blättern und einzelne Seiten zu lesen.

Es war klar, dass wir zusammenarbeiten mussten. Ich hatte eine gewisse Furcht vor Rainers immensem Wissen, weil ich befürchtete, dass zu viele Daten die Romane überfrachten oder die Autoren zu endlosen Recherchen zwingen würden. Aber Rainer zeigte mit seinen eigenen Werken, die wir als Taschenbücher und später bei ATLAN veröffentlichten, dass es möglich war, den umfangreichen PERRY RHODAN-Kosmos abzubilden und trotzdem eine Geschichte zu erzählen, die gut verständlich war.

Der weitere Verlauf ist bekannt. Beim »Traversan«-Zyklus überzeugt uns Rainer Castor, dass er hervorragend in ein Exposé-Team passte; danach stieg er in die wöchentliche Serie ein und war anfangs für Robert Feldhoff ein wichtiger Kollege. Als Uwe Anton die Exposés übernahm, galt Rainer als der zweite Exposéautor; die beiden verstanden sich als Team. Im Nachhinein war das eine sehr fruchtbare Zeit.

Rainer und ich waren nicht immer einer Meinung: Es gab Romane, mit denen ich meine Probleme hatte, weil sie doch zu viele Daten enthielten. Da stritten wir uns bisweilen: Ihm war es stets wichtig, die Fakten zu zeigen, während ich lieber eine mitreißende Geschichte lesen wollte.

Immer wieder aber zeigte er, wie gut er sich auch darauf verstand, Figuren darzustellen und spannende Szenen zu schildern. Ein hervorragendes Beispiel ist nach wie vor der Roman »Traumzeit« (Band 2039), den wir im September 2000 veröffentlichten und in dem Rainer einen beeindruckenden Blick auf das Arkon-Imperium warf.

Rainers wirkliche Rolle war aber die eines Mannes im Hintergrund. Kolleginnen und Kollegen konnten ihn buchstäblich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen und um Hilfe bitten. Innerhalb kürzester Zeit versorgte er sie mit umfangreichen Informationen. Er schuf Grundlagen für unsere Serien, die auch für künftige Autoren wichtig sein werden.

Die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für unsere Serie legte K. H. Scheer – wer sonst? Im Verlauf der Jahrzehnte wurde Kurt Mahr zum »Physiker vom Dienst«, wie man ihn auch nannte. Rainer Castor führte die teilweise widersprüchlichen Daten zusammen und entwickelte neue Hintergründe.

Ich denke oft an ihn. Er war für lange Zeit extrem wichtig für uns und unsere Arbeit. Vielleicht nutze ich den heutigen Tag dazu, mal in einen seiner schon klassischen Romane zu schauen und einige Seiten zu lesen …

(Dieses Logbuch veröffentlicht ich bereits im September 2025 auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Redaktion. Aus dokumentarischen Gründen wiederhole ich es hier und heute an dieser Stelle.) 

Keine Kommentare: