18 August 2009

Wie Mondra und Perry zusammenkamen

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

Gelegentlich stelle ich mir selbst die Frage, wie sich manche Figuren innerhalb eines Romans entwickeln: Was war von den Autoren denn wirklich im Voraus geplant, was hat sich »einfach so« ergeben? Die Frage stellt sich selbstverständlich auch bei einer umfangreichen Serie wie PERRY RHODAN, und hier bin ich glücklicherweise in der guten Situation, einen Teil meiner Erinnerung bemühen zu können und vor allem gelegentlich alte Unterlagen vorliegen zu haben.

Und wenn ich mir überlege, was wann mit Mondra Diamond geplant war, so stelle ich fest, dass die Exposé-Konferenz ein wichtiger Termin für die Entwicklung dieser Figur war. Ganz konkret war es der Montag, 9. März, an dem wesentliche Punkte festgelegt wurden. Ein Restaurant in Karlsruhe, das es schon nicht mehr gibt, wurde zu dem Ort, an dem Mondra Diamonds Liebesleben die entscheidende Richtung bekam ...

Die Exposé-Konferenz hatte bereits am Vorabend begonnen, und so holte ich Robert Feldhoff und Ernst Vlcek an diesem Morgen vor ihrem Hotel ab, nur wenige hundert Meter von meiner damaligen Wohnung in Karlsruhe entfernt. Da wir am Vorabend nicht zu lange getagt hatten, fühlten wir uns frisch und waren guter Dinge.

Leider war das Wetter nicht optimal; gern hätten wir uns ins Freie gesetzt. Doch im März 1998 zeigte sich der Karlsruher Frühling von seiner unangenehmen Seite. Also bummelten wir ins Café des Gasthauses »Krokodil«, wo wir uns an einen Tisch setzten. Dort besprachen wir in den nächsten vier Stunden allerlei Themen.

Unter anderem ging es um eben erwähnte Mondra Diamond. Die ehemalige Zirkusartistin war zu dieser Zeit gerade erst frisch in die Handlung eingeführt worden, als Agentin des Terranischen Liga-Dienstes und als Leibwächterin von Perry Rhodan. Wir waren uns unschlüssig, ob wir selbst die Figur gut finden sollten oder nicht. Robert Feldhoff hatte in seinen Exposés angedeutet, dass sich zwischen Mondra und Perry eine Beziehung entwickeln könnte; bisher waren wir uns aber auch nicht sicher, ob wir das wirklich wollten.

Zitat aus unserem Protokoll, das ich wenige Tage danach verfasste: »Wir riskieren es und schildern eine sich anbahnende Beziehungskiste. Robert baut die nachträglich in Band 1926 ein, dort geht das los. Im bevorstehenden Doppelband mit der SOL-Geschichte wird die Sache zwischen Mondra und Perry dann aber handlungstragend.«

In der Diskussion waren wir uns einig darüber, dass das nicht immer klappen würde: »Wenn alle Autoren eine Liebesbeziehung schildern sollen, wird es zu Unstimmigkeiten kommen«, argumentierte Ernst Vlcek durchaus skeptisch. Mein Argument war: »Wir benötigen mehr Emotionalität bei PERRY RHODAN, und unser Held soll auch mal wieder eine Gefährtin haben.«

Robert Feldhoff, der sich bereits gedanklich auf die Vorgeschichte der Superintelligenz ES eingelassen hatte, fand ebenfalls, dass man Mondra in den Vordergrund schreiben sollte. Wir waren uns aber einig, dass die hauptsächliche Entwicklung der Figur von ihm zu steuern war, damit es nicht zu großen Widersprüchen kommen sollte.

Neben Mondra Diamond spielte in jenen Romanen übrigens eine weitere »Nebenfigur« eine wichtige Rolle, die wir mittlerweile ausgebaut haben: Robert Feldhoff hatte den Oxtorner Monkey entwickelt, der mit seinen künstlichen Augen und seiner reduzierten Gefühlswelt einen guten Gegensatz zu der emotionalen Mondra bilden sollte.

Ein weiteres Thema, das wir diskutierten, dann aber buchstäblich »in die Schublade« steckten, war das der Schatten-Maahks. Im Rahmen der Romanhandlung sollte eine Expedition aus der Milchstraße in die ferne Galaxis Chearth aufbrechen, wo es Methanatmer als eines der wichtigsten Völker gab. Wir waren uns aber noch nicht sicher, in welchem Umfang die »neuen Maahks«, die immer wieder durch die Romanhandlung gegeistert waren, überhaupt eine Rolle spielen konnten.

»Die dürften an so weltlichen Dingen noch gar kein Interesse haben«, argumentierte Ernst Vlcek. Wir entschieden uns dafür, sie von der Reise nach Chearth auszuschließen und das Thema so weit wie möglich in den Hintergrund zu schieben. Thematisieren wollte es Ernst auf jeden Fall: »Die Maahks und ihre Entwicklung ergeben eine schöne Geschichte.«

Zu dieser Entwicklung gehörten die Bewohner der Galaxis Chearth. Wir legten Eckpunkte zu dem fremdartigen Volk der Gharrer fest, definierten die Figur des Thoregon-Boten Mhogena und machten uns Gedanken darüber, wie die mysteriösen Guan a Var damit zusammen hängen könnten. Das alles sollte schließlich ins Gesamtgeschehen um die Koalition Thoregon und ihre kosmischen Verwicklungen passen.

Immerhin dachten wir uns bereits ein Ende für den Zyklus aus, das wir zwar fürs Protokoll formulierten, das wir aber so nie übernahmen. Aus diesem Grund kann man es heute auch zitieren: »Am Ende muss Rhodan durch das Proto-Tor gehen. Dort sieht er dann, wie die Superintelligenzen nacheinander eintreffen und dann eine Art gigantisches Sechseck bilden – das nur als bildliche Analogie. Danach ist der Rat von Thoregon gegründet, wenngleich auf einer sehr niedrigen Basis.«

So verging der Montag mit vielen Besprechungen und Ideensammlungen. Zum Abschluss hatten Ernst Vlcek und Robert Feldhoff zahlreiche Notizen in ihre Kleincomputer getippt, während ich mir vieles handschriftlich notiert hatte. Wir fühlten uns allesamt ein wenig ermattet und hätten am liebsten eine Pause eingelegt, die Autoren vor allem deshalb, um möglichst rasch mit der eigentlichen Exposé-Arbeit beginnen zu können.

Aber das war nicht möglich: Wir packten unsere Unterlagen, die Autoren holten ihr Gepäck aus dem Hotel, und wir gingen zu meinem Auto. Jetzt stand schließlich noch die eigentliche Autorenkonferenz auf dem Terminplan ...

1 Kommentar:

Leak hat gesagt…

Apropos Monkey - koenntet ihr den nach dem Ausbauen stattdessen mal wieder einbauen?

Herzlichen Dank... ;)

np: Amorphous Androgynous - Drifter (The Peppermint Tree & The Seeds Of Superconciousness)