Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
»Nur noch drei Monate bis zum WeltCon!« Bei unseren fast täglichen Besprechungen wurde bei Marc A. Herren – der als Projektleiter für den WeltCon 2011 eingestellt worden war – und mir die Nervosität langsam größer. Marc arbeitete längst mehr Stunden, als er laut Vertrag zu erfüllen hatte, und ich hatte mit dem Start einer neuen Serie, die PERRY RHODAN NEO heißen sollte, den verlagsinternen Umstrukturierungen, einem Con-Buch und der Umstellung bei unserem E-Book-Vertrieb sehr viel zu tun.
Eigentlich hatte niemand von uns Zeit für eine längere Besprechung, aber sie musste sein. Der Autor Leo Lukas, der als Künstlerischer Leiter des WeltCons fungierte, sollte nach Karlsruhe kommen. Wir hatten uns im Frühjahr in Wien getroffen, nun stand das nächste Treffen an.
»Dann haben wir ein Drei-Länder-Treffen«, witzelte ich im Vorfeld, als klar wurde, dass ein Autor aus der Schweiz, ein Autor aus Österreich und ein Redakteur aus Deutschland zusammensitzen würden.
Am Montag, 27. Juni 2011, ging es los. Ich arbeitete sehr viel, machte zwischendurch kaum Pause und war am frühen Abend ziemlich erschöpft. Gegen 18 Uhr verließ ich das Büro, fuhr nach Hause, zog mir frische Kleidung an und fuhr gleich wieder los.
Es war ein sehr heißer Tag, auch am frühen Abend. Ich holte zuerst Marc A. Herren in der Wohngemeinschaft in der Oststadt ab, in der er zu der Zeit einquartiert war, dann fuhr ich zum Hauptbahnhof. Dort trafen wir auf Leo Lukas. Der Autor hatte es vorgezogen, mit der Bahn von Wien nach Karlsruhe zu reisen, was unterm Strich – rechnet man all die Warte- und Umsteigezeiten ein – nicht viel länger dauerte als mit dem Flugzeug, dafür aber ökologischer und auch preiswerter war.
Leo checkte in seinem Hotel ein, wir warteten vor der Tür. Nachdem sich der Autor frischgemacht hatte, fuhren wir weiter. Wir stellten mein Auto in der Weststadt ab, gingen zu Fuß einige hundert Meter und besuchten das »Braustüble«. Dabei handelte es sich um ein badisches Restaurant mit schönem Biergarten, in dem es leckeres Bier, allerlei Säfte und handfestes Abendessen für uns gab.
Wir saßen an einem lauschigen Platz in der Ecke, und während wir auf das Bestellte warteten, legten wir los. Leo Lukas hatte nach unserer Besprechung in Wien den Auftrag übernommen, die offizielle Musik für den Con einzuspielen. Auf der Bühne sollte eine Band das Programm begleiten, die den schönen Namen »Cosmolodics« trug.
»Das muss man sich vorstellen wie in einer großen Fernseh-Show«, argumentierte er nicht zum ersten Mal. »Die Auftritte der Künstler – in unserem Fall der Autoren, der Zeichner und der Redaktion – werden auf der Bühne von der Musik der Cosmolodics eingerahmt.«
Teile der Musik kannten wir schon, er arbeitete an weiteren Stücken. Wir sprachen über mögliche Tonträger. Wir wollten auf dem Con am offiziellen Verkaufsstand die CDs mit der Musik zum Verkauf anbieten.
»Lass uns nicht nur CDs machen«, schlug ich vor. »Bei unseren Lesern sind viele Leute dabei, die auch gerne Vinylscheiben haben. Die sind zum Sammeln eh schöner.« Niemand widersprach mir an diesem Punkt, und so beschlossen wir, die Musik der Cosmolodics sowohl auf CD als auch als Langspielplatte anzubieten.
Unser Essen kam, wir aßen und tranken. Währenddessen ging unsere Besprechung weiter. Wir wurden ziemlich konkret, was die einzelnen Musikstücke anging. Kein Wunder, Leo Lukas hatte vorgearbeitet und sehr konkrete Vorstellungen.
Das Stück »Hall of Fame« sollte es gleich mehrfach geben, Leo Lukas dachte an bis zu vier Teile. Diese waren für die Auflockerung zwischen den Programmpunkten gedacht, damit waren auch Umbaupausen zu überbrücken.
»Stell dir entsprechende Bilder vor, die wir auf der Leinwand zeigen«, erläuterte er. »Sie präsentieren die jeweiligen Figuren unserer Serie, dazu läuft das entsprechende Stück.« Je ein »Hall of Fame« würde es für Reginald Bull, Atlan, Gucky und Mondra Diamond geben. Das geplante Stück »Perry Rhodan Hall of Fame – In Memoriam« sollte dann im großen Saal live gesungen und gespielt werden.
An diesem Abend besprachen wir die Grundzüge des Programms für den Freitag. Wir waren uns einig, dass es ein »bunter« Abend werden sollte: Autorenlesungen, lockere Gesprächsrunden auf der Bühne, vielleicht sogar ein Science-Fiction-Film – Marc schlug bereits einen aktuellen Film aus der Schweiz vor – und auf jeden Fall die Verleihung des Stardust-Awards.
Mit diesem Preis sollten Science-Fiction-Kurzfilme ausgezeichnet werden. Die Idee war von Klaus Bollhöfener zusammen mit Robert Vogel, dem »Rasenden Reporter«, entwickelt worden; es fehlte aber an zahlreichen Details: Wer sollte den Preis verleihen, wie sollten wir die Filme hinterher entsprechend würdigen?
Auch die »Erste Mannheimer Lesenacht der Phantastischen Literatur« war für diesen Abend geplant. Wir wollten versuchen, die Agentur Schrift-Art als Co-Veranstalter zu gewinnen; so legten wir es im Biergarten fest.
Bei den Autoren, die lesen sollten, schlug Leo Lukas allen Ernstes den Nobelpreisträger Günter Grass vor: »Warum nicht?«, argumentierte er. »Er hat auch phantastische Werke verfasst, er würde gut passen, vielleicht hat er Lust. Wir müssen ja nur fragen.« Die Idee wurde zwar notiert, aber nie umgesetzt. Uns war letztlich klar, dass wir auch so viele gute Autorinnen und Autoren für eine solche Lesenacht kannten.
Der Abend raste wie im Flug an uns vorüber. Wir arbeiteten diszipliniert, jeder schrieb die für ihn wichtigen Punkte auf. Zuletzt fuhr ich die beiden Autoren in ihre jeweiligen Unterkünfte: den einen in die Ost-, den anderen in die Nordstadt. Bis das alles erledigt war, hatten wir ein Uhr nachts. Gegen halb zwei Uhr lag ich im Bett, den Kopf voller Gedanken zum kommenden WeltCon.
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