Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Im Jahr 2007 arbeitete ich weiter an dem geplanten Buch zum fünfzigsten Geburtstag der PERRY RHODAN-Serie, immer wieder entstanden nebenbei ergänzende Ideen. Meine Überlegung dafür war: Wenn der Geburtstag im Jahr 2011 zu feiern war, müsste das Buch im Frühjahr vorliegen. Bei einem entsprechenden Verlag hätte das Manuskript dazu ein Jahr zuvor abgegeben werden müssen – davor war es zu schreiben und zu entwickeln. Ich war nicht zu früh dran mit meinen Überlegungen.
Mir ging es in dieser Phase vor allem darum, wesentliche Phasen der Serie mit wichtigen Figuren zu kombinieren. Über wen konnte man welchen Artikel für so ein Buch schreiben? Ich wollte aber nicht nur Autoren vorstellen, sondern auch Personen aus dem Umfeld.
Der Mann, der den Serienerfolg vor allem in den ersten zehn Jahren maßgeblich bestimmte, war nach meiner Sicht der Dinge nicht Clark Darlton, sondern K. H. Scheer. Von Darlton kamen viele Ideen, die konzeptionelle Arbeit leistete aber Scheer.
Trotzdem wollte ich den Gründungsautor nicht an den Anfang stellen, sondern erst 1965 als »Figur« eines Artikels präsentieren. Als Grund sah ich den Zyklus um die Meister der Insel. Zitat aus meinem Konzept: »Nie zuvor und auch kaum noch danach hat Scheer als Exposéautor so sehr die Serie geprägt als bei den Romanen 200 bis 299, dem sogenannten MdI-Zyklus.«
Anhand dieses Zyklus, so mein Gedanke, ließen sich die Exposéarbeit des Schriftstellers und seine Biografie geschickt verbinden. Als potenziellen Autor für diesen Text nannte ich Heiko Langhans, von dem die hervorragende Scheer-Biografie stammte. Ihn wollte ich mit Heidrun Scheer verknüpfen, der Witwe des Autors; ich wusste, dass sie über ein hervorragendes Gedächtnis verfügte und viele Geschichten aus den 60er-Jahren erzählen konnte.
Andere Autoren wollte ich ebenfalls so auf das geplante Buch verteilen, dass sie für bestimmte Epochen standen. Kurt Mahr sollte beispielsweise auf das Jahr 1975 platziert werden, der Artikel hätte den Titel »Menschheit ohne Liebe« tragen sollen. Der Autor wurde ja immer als der »Physiker vom Dienst« beschrieben; mit »Aphilie« verfasste er einen der humanistischsten Romane der Serie. Ich wollte in diesem Artikel herausarbeiten, wie gegensätzlich der Autor war: einerseits visionär, andererseits konservativ.
Auf der anderen Seite hatte ich Thomas Ziegler auf das Jahr 1983 geplant; unter dem Titel »Einsteins Tränen«. Ziegler als Autor wie auch als Exposéautor war nicht lange bei PERRY RHODAN, sorgte in der kurzen Zeit aber dank seiner starken Ideen für neue Impulse. Zitat aus meinem Konzept: »Der Wandel der Serie – im Jahr der Friedens-Demonstrationen – geht immer mehr in Richtung Mystik.«
Einen Autor, der heute noch aktiv ist, führte ich für 1986 auf: Rüdiger Schäfer stand auf meiner Liste für »Atlans Tod und Wiedergeburt«. Es wäre in diesem Artikel um das Ende der ATLAN-Serie gegangen, bis dato die erfolgreichste SF-Heftromanreihe nach PERRY RHODAN selbst.
Ich schrieb dazu: »Der ATLAN-Club Deutschland, unter Rüdiger Schäfers ›Führung‹ damals einer der aktiven PR-Clubs, startete dann die ATLAN-Fanzine-Serie – anhand Schäfers Biografie lässt sich die ATLAN-Serie mit ihrer widersprüchlichen Geschichte nacherzählen, bis hin zum Neustart als Heftroman und später in neuen Taschenbüchern.«
Für die neunziger Jahre – die Zeit also, in der ich als Redakteur bei PERRY RHODAN angefangen hatte – schrieb ich recht viel in mein Konzept. Da wusste ich selbst gut Bescheid und müsste nicht viel recherchieren.
1995 beispielsweise erhielt den Titel »Ende einer Grafik-Ära«; es sollte um die neuen Künstler Swen Papenbrock, Ralph Voltz und Alfred Kelsner gehen, die als Nachfolger von Johnny Bruck die Serie in eine andere optische Zeit führten. Und für 1996 bot sich logischerweise »Die Entdeckung des Marken-Gedankens« an, dargestellt an der Person von Eckhard Schwettmann.
Fünf Jahre lang prägte er die Serie, zuerst als Marketingleiter PERRY RHODAN, später als Verlagsleiter Moewig. »Unter seiner Ägide brach die Serie zu ›neuen Ufern‹ auf», schrieb ich. »Erstmals dachte man überhaupt in Markenbegriffen, wurden beispielsweise die Marken angemeldet.«
Bei 1998 war Uwe Anton die Hauptfigur: »Vom Rebell zum Teamautor« war der entsprechende Beitrag in dem Konzept betitelt. Und Rainer Castor wollte ich auf 1999 setzen: »Das zentrale Rechengehirn« – in den Nuller-Jahren entwickelte sich der Autor zu einem unglaublich wichtigen Mitglied unseres Teams.
Für 2001 rückte ich »Die Digitale Revolution« ins Zentrum und machte sie an der Person von Miriam Hofheinz fest. »Während ihrer Tätigkeit veränderte sich das Profil der Serie«, formulierte ich. »Die Medienveränderungen lassen sich so gut personalisieren.«
Und 2008? »Neue Serien, neues Glück« hieß der Text im Konzept, der in die Zukunft wies. Anhand von Christian Montillon wollte ich das Thema der Heftroman-Szene beleuchten: »das Porträt eines Autoren, der sehr schnell in die Verantwortung genommen wurde.«
Das Konzept für das »Perryversum«-Buch blieb fragmentarisch, es war eher für mich selbst gedacht. Ich wollte für mich darstellen, wie ein solches Buch aussehen könnte, und es als Grundlage für weitere Diskussionen nehmen. Letztlich war es das Konzept für ein Buch, das ich selbst gern lesen würde: ein Lesebuch über PERRY RHODAN.
Warum aus dem »Perryversum«-Buch nichts wurde und wir für den WeltCon trotzdem ein schönes Buch machten, das ist Stoff für andere Geschichten …
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