Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Es
gibt Augenblicke, die man wohl nicht vergessen kann. Meine Begegnung
mit den ersten PERRY RHODAN-Heftromanen gehört dazu. Nie werde ich
diesen Zeltplatz vergessen, nie diese Stunden mit den ersten Romanen.
Ähnliches gilt für die Begegnung mit den PERRY RHODAN-Taschenbüchern –
sie erfolgte in den Sommerferien des Jahres 1978.
In diesem Sommer
1978 kannte ich die Heftromanserie bereits in ihren Grundzügen. Ich
hatte alle Romane ausgeliehen, die mein Freund und sein großer Bruder
besaßen, und ich war zu einem eifrigen Leser der vierten Auflage
geworden. Jede Woche verfolgte ich mit Spannung die Abenteuer von Perry
Rhodan, Reginald Bull und ihren Gefährten. Ich hatte mir vorgenommen,
bald auch in die erste Auflage einzusteigen.
Ich wusste, dass es
weit mehr gab. Wenn ich PERRY RHODAN-Romane im örtlichen Supermarkt oder
am Bahnhof kaufte, sah ich gelegentlich die Taschenbücher. Sie sprachen
mich durchaus an, aber oft konnte ich mit der Inhaltsangabe nicht viel
anfangen. Zudem hatte ich nicht genügend Geld, um mir auch die
Taschenbücher zuzulegen.
Alles veränderte sich, als ich den Roman
»Flammende Welten« in den Händen hielt. Zu der Zeit mochte ich unter
anderem die Romane von H. G. Ewers
sehr. Ich konnte über die Abenteuer von Tatcher a Hainu und Dalaimoc
Rorvic lachen, die ich im »Schwarm«-Zyklus der zweiten Auflage teilweise
erlebt hatte, und ich mochte seine Gucky-Darstellung im »Meister der
Insel«-Zyklus.
Ich schlug das Taschenbuch auf, das ich in einem
Drehständer der Bahnhofsbuchhandlung sah, und las die ersten Zeilen:
»Die Ewige Stadt erbebte, als hätte der Hammer eines imaginären Riesen
von unten gegen ihr Fundament geschlagen.« Ich war hin und weg. »Dann
wurde es still.« Was war das für ein Einstieg …
Das Titelbild des
Romans sprach mich ohnehin an, von »Raumkapitän Nelson« hatte ich
allerdings keine Ahnung. Aber ich fand »fremdes Universum« interessant
und erfreute mich an der Formulierung »Raum-Zeit-Abenteuer«. Was das
wohl sein mochte? Verwirrend fand ich, dass in der oberen rechten Ecke
»Atlan-Zeitabenteuer« zu lesen war.
So richtig verstand ich den
Anfang der Geschichte nicht, als ich im Bahnhof die ersten zwei Seiten
las. Ich wusste immerhin, wer Tengri Lethos war – den Namen kannte ich
aus den Andromeda-Romanen. Spontan kaufte ich das Taschenbuch, das 3,80
Mark kostete. Daheim fing ich schnell mit der Lektüre an.
Die
Handlung fesselte mich trotz einiger Schwierigkeiten. Was der
Raumkapitän Guy Nelson und seine Schwester Mabel in einer fernen Galaxis
erlebten, kapierte ich beispielsweise nicht so richtig. Ein
Ewigkeitsschiff konnte ich mir ebensowenig vorstellen, aber das war ein
Begriff, der mir durch die Lektüre bewusst wurde.
Mich fesselte
letztlich vor allem die große kosmische Geschichte, die H. G. Ewers in
diesem Roman erzählte. Mit großen Augen las ich von den Gys-Voolbeerah,
den sogenannten Molekülverformern, und ihrem großen Imperium. Diese MVs
kannte ich bereits aus den PERRY RHODAN-Heften, die ich gelesen hatte.
Der
Autor entführte mich buchstäblich Jahrmillionen in die Vergangenheit,
hin zu Galaxien und Konflikten, von denen ich nie zuvor gehört hatte.
Ich las von Krieg und Aufstand, von »Dutzenden ausgebrannter Galaxien«,
von fürchterlichen Massenmorden, die in einem Nebensatz abgehandelt
wurden. Einerseits fand ich das grauenvoll, andererseits faszinierte es
mich.
Der Autor breitete vor seiner Hauptfigur – und vor mir als
Leser – ein Szenario aus, wie ich es mir bisher kaum hatte vorstellen
können. Es ging tatsächlich um das Schicksal von kompletten
Sterneninseln, besiedelt von Hunderttausenden intelligenter Völker …
Dagegen kam mir der Konflikt mit den »Meister der Insel« bereits
reichlich klein vor.
Trotz meiner Faszination für den großen
kosmischen Bogen verstand ich streckenweise nicht viel, egal, wieviel
Mühe ich mir gab. Wie das Abenteuer der beiden Nelsons mit dem Mutanten
Iwan Iwanowitsch Goratschin zusammenhing, den ich gerade erst in der
vierten Auflage so richtig kennengelernt hatte, war mir völlig
schleierhaft. Aber irgendwie störte mich das nicht, die Geschichte
faszinierte mich trotz aller Verwirrung.
Lag das am Autor, fand
ich einfach die Figuren so interessant? Während der Lektüre stellte ich
auf jeden Fall fest, dass es sinnvoll war, diese Taschenbücher zu lesen.
(Meine Freunde, von denen ich bisher die Heftromane ausgeliehen hatte,
fanden an den Taschenbüchern keinerlei Interesse.) Hier erweiterte sich
das PERRY RHODAN-Universum für mich in ungeahnter Weise. Es ging in die
Vergangenheit – gleich Jahrmillionen – und in fremde Universen, weit
über den Horizont hinaus, den ich durch meine bisherige Lektüre
kennengelernt hatte.
Nachdem ich die Lektüre beendet hatte, hallte
der Roman buchstäblich in mir nach. Das Ende war offen – wie es
wirklich mit Guy und Mabel weitergehen würde, erfuhr ich nicht. Aber ich
wurde jetzt doch neugierig auf das »Umfeld« der PERRY RHODAN-Serie. Ich
hatte kapiert, dass in den Taschenbüchern teilweise ungewöhnliche
Geschichten auf mich warteten. Da würde ich weitermachen, das nahm ich
mir vor.
Später fing ich übrigens sogar damit an, eine Fortsetzung
zu »Flammende Welten« zu schreiben. Diese wurde nie publiziert, und ich
schrieb sie auch nie zu Ende. Und so ist das dann doch eine ganz andere
Geschichte …
Schade dass es sowas heute nicht mehr gibt. Heute ist alles nur noch durchgestylt, alles nur noch Stromlinie. Es wird mehr Wert auf Technik als Phantasie gelegt.
AntwortenLöschenAber das ist wohl aktuell der Zeitgeist. Sieht man ja auch an Interviews mit Fussballern. Tiefgründig waren sie nie, aber früher haben sie wenigsten regelmäßig einen rausgehauen. Heute hört man nur noch Platitüden fürs Phrasenschein. Oder wann hat jemand das letzte mal ein Interview gehört wo nicht das "Vollgas geben" gefallen ist. Hat man eins gehört hat man alle gehört.