Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
Der Donnerstag, 19. August 2004, war sehr warm und sehr sonnig; ideal
eigentlich, um an einem Baggersee die Hitze des Tages zu genießen.
Ausgerechnet an diesem Tag wollte ich mit den Kollegen einige wichtige
Details zum »Lemuria«-Zyklus besprechen. Aber es passte einiges sehr gut
zusammen ...
Den
Termin legte im Prinzip Oliver Scholl fest. Er rief mich bereits im
Juli an, direkt aus Los Angeles. »Ich komme im August nach Deutschland«,
kündigte er an, »mal wieder meine Eltern besuchen. Und da würde ich
mich gerne mit der Redaktion treffen.« Der Grafiker und
Production-Designer wohnte zu diesem Zeitpunkt bereits in Kalifornien,
wo er für die Filmindustrie tätig war, unter anderem für den Regisseur
Roland Emmerich.
Bei PERRY RHODAN hatte in den 80er-Jahren seine
Karriere begonnen; als junger Mann hatte er seine ersten Risszeichnungen
angefertigt. Später hatte er die Bekanntschaft mit Roland Emmerich
gemacht und war über die Zusammenarbeit mit diesem in die Film-Metropole
Los Angeles umgezogen.
Die Zusammenarbeit mit PERRY RHODAN
hatte Oliver Scholl erst kurz zuvor wieder aufgenommen. Er hatte die
wunderschönen Titelbilder für die Taschenbücher des »Andromeda«- und
»Odyssee«-Zyklus gestaltet. Den Kontakt hatte niemand von der PERRY
RHODAN-Redaktion hergestellt, sondern Sascha Mamczak, der
verantwortliche Science-Fiction-Lektor im Wilhelm Heyne Verlag.
Da
Mamczak am Donnerstag, 19. August 2004, gewissermaßen auf der
Durchreise war und an Karlsruhe vorbeifuhr, beschlossen wir, ein
»Lemuria«-Treffen zu veranstalten. Oliver Scholl wohnte während seines
Deutschland-Aufenthalts bei seinen Eltern in der Nähe von Stuttgart; von
dort aus hatte er es nicht weit bis in meine Heimatstadt. Auch Frank
Borsch, der in Freiburg wohnte, konnte es terminlich einrichten: Er
betreute als PERRY RHODAN-Redakteur zu dieser Zeit unter anderem unsere
Taschenbücher bei Heyne.
Der
»Kaisergarten« in Karlsruhe bot sich für die Besprechung an. Wir saßen
in dem schönen Biergarten, genossen das Wetter und die kühlen Getränke.
Nach dem Austausch von allerlei persönlichen Informationen diskutierten
wir über die bisher gelaufenen zwei PERRY RHODAN-Zyklen, die bei Heyne
erschienen waren.
Der »Andromeda«-Zyklus hatte sich sehr gut
verkauft, von den meisten Taschenbüchern hatte man Nachdrucke anfertigen
müssen. Auch die sechs Bände des »Odyssee«-Zyklus waren im Handel »gut
gelaufen«, wie es die Buchhändler nannten. Beide Zyklen waren von Robert
Feldhoff konzipiert worden.
Jetzt stand der »Lemuria«-Zyklus vor der Tür. Verantwortlich
hierfür war Hubert Haensel als Exposéautor, während Frank Borsch als
Redakteur die Abläufe steuerte. Der erste Roman sollte schon im November
2004 erscheinen, er war von Frank verfasst worden.
Zuerst
brachten wir uns auf den aktuellen Stand der Dinge. Frank Borsch
berichtete über die laufende Arbeit an dem Zyklus, über die
Zusammenarbeit mit dem Exposéautor Hubert Haensel und die Romane, die
bereits vorlagen oder noch in Arbeit waren.
Besonders angetan
zeigte er sich von der »absolut professionellen« Leistung Andreas
Brandhorst. Der Autor, der damals in Südtirol wohnte, hatte sich für
seinen Roman erst in den PERRY RHODAN-Kosmos einarbeiten müssen. Das
hatte er engagiert und intensiv betrieben; sein Manuskript hatten wir
sehr gern gelesen.
Sascha Mamczak informierte uns über die
Situation im Heyne-Verlag. In den Nuller-Jahren war der Verlag nicht nur
einmal verkauft worden. Ab 2004 gehörte er zur Verlagsgruppe Random
House und damit zum Bertelsmann-Konzern. Für uns erfreulich: In dem von
Sascha verantworteten Science-Fiction-Programm wird PERRY RHODAN
weiterhin »ein wichtiger Eckpfeiler« sein. Der Handel sei mit den
Verkaufszahlen zufrieden gewesen, man freue sich über weitere PERRY
RHODAN-Themen.
Aber man wolle auch mal variieren. »Warum immer
sechs Taschenbücher in einem halben Jahr?«, argumentierte der
Science-Fiction-Lektor. »Wir könnten doch auch mal vier Taschenbücher
machen oder drei Paperbacks oder sonst was in der Richtung.«
Oliver
Scholl hatte eine Reihe großformatiger Ausdrucke dabei, die seine
Titelbilder für den »Lemuria«-Zyklus in beeindruckender Qualität
zeigten. Auf dem Fotopapier wirkten die Bilder fast plastisch. Ich war
gespannt darauf, wie sie auf dem gedruckten Taschenbuch aussehen würden.
Für Frank hatte der Künstler einen handsignierten Druck dabei, der das
erste Buch – »Die Sternenarche« – als Titelbild schmücken sollte.
Darüber
hinaus präsentierte Oliver weitere Bilder und erzählte über die Arbeit
in der Film-Industrie von Hollywood. Von diesem Geschäftsfeld wussten
wir Verlagsleute praktisch nichts, deshalb fanden wir seine Geschichten
sehr spannend.
Wir sprachen über Marketing-Möglichkeiten der
neuen Taschenbücher, über die Pläne für das kommende Jahr und aktuelle
Entwicklungen in der Science-Fiction-Branche. Zeitweise gerieten wir
richtiggehend ins Fachsimpeln, kamen dann aber schnell wieder auf das
eigentliche Thema zurück. Nach einem Spaziergang durch die Weststadt
verabschieden wir uns voneinander.
Oliver Scholl hatte dann eine letzte Botschaft an mich. »Ihr müsst die Romane auch in englischer Sprache herausbringen«,
sagte er. »Das ist ein Thema, das interessiert nicht nur die
amerikanischen PERRY RHODAN-Fans; damit könnt ihr viele weitere Leser
erreichen.« Dass es bis in den Herbst 2015 dauern sollte, bis sein
Wunsch erfüllt wurde, hätte ich damals nicht geglaubt ...
wow, ist das schon wieder so lange her? Schrecklich wie die Zeit rennt :-( Lemuria ist m.E. der beste Spin-Off der je erschien, einfach der Hammer, der den Geist des MdI-Zyklus atmete. Mit grandiosen Autoren ausgestattet die alle ihr Bestes abriefen.
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