05 Juni 2013

Morkhando, Terra und ein Sohn

Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«

An diesem Montag, 8. Februar 1999, ging es weiter um die PERRY RHODAN-Handlung nach Band 2000. Ernst Vlcek und Robert Feldhoff überschlugen sich mit Ideen und Vorschlägen, die nicht unbedingt alle zusammenpassten. Ich kam zeitweise mit dem Notieren von Gedankenblitzen nicht nach und strich immer wieder irgendwelche Notizen durch, weil sie von neuen Überlegungen umgeworfen worden waren. Der Kaffee beflügelte, die beiden Exposéautoren schaukelten sich immer weiter auf.

Eine der Überlegungen dieses Nachmittags betraf einen wesentlichen Gegenspieler, den die Terraner nach Band 2000 in der Milchstraße haben sollten. Sein Name sollte Morkhando sein, und wir wollten, dass er im Bereich des Kristallimperiums mit seiner »Arbeit« beginnen sollte. Wer gegen ihn aktiv vorgehen wolle, müsse also ins Zentrum Arkons vorstoßen – damit könne ein konsequenter Konflikt zwischen Terranern und Arkoniden aufgebaut werden.

Zum Hintergrund Morkhandos formulierte ich im Protokoll: »In der Vergangenheit hat das Urwesen Morkhando gegen die Kosmokraten verloren, nachdem Morkhando das erste Thoregon vernichtet hat.«

Offensichtlich war uns aber nicht klar, ob es ein Morkhando gibt oder mehrere Morkhandos geben sollte; das Protokoll ist hier recht undeutlich: »Nach seiner Vernichtung gingen die Morkhando-Wesen alle in Raumschiffe und waren seither in einer Art Stasisfeld einige Millionen Jahre unterwegs. Sie tauchen jetzt in der Gegenwart auf.«

Immerhin sollte die Morkhando-Gefahr bereits in Band 2000 eine Rolle spielen. Wir wollten den Wissenschaftler Tautmo Aagenfelt in einer Szene als Attentäter wider Willen einsetzen, der Perry Rhodan töten möchte. Später sollte man »Raumschiffe mit vielen Leichen an Bord« finden, »die durch den Leerraum der Milchstraße treiben.«

Die SOL und ihre Besatzung sollte erneut eine Rolle spielen: Das Schiff sollte nach unseren Überlegungen mit Band 2049 aus der Vergangenheit zurückkommen, um dann die wesentlichen Informationen über Morkhando an Perry Rhodan weiterleiten zu können. Die vielen Skizzen zu Morkhando wurden allesamt später nicht übernommen; Robert Feldhoff übernahm allerdings einige Ideen für seine Konzeption von Morkhero Seelenquell, jenes Wesen, das versucht, zur Superintelligenz zu »reifen«.

Nach all diesen Diskussionen und Gesprächen waren wir ein wenig ausgelaugt; es war sowieso bereits 18 Uhr. Wir legten eine Pause ein. Ich brachte Robert Feldhoff und Ernst Vlcek zum Hotel, ging von dort aus nach Hause, wo ich mich ein wenig ausruhte.

Sabine Bretzinger und ich hatten uns verabredet – und ich hatte den Termin falsch notiert. So kam es, dass Sabine viel zu lange auf mich und die Autoren warten musste. Sie war entsprechend »angesäuert«, wurde dann aber vom Charme der beiden Autoren wieder milder gestimmt. Wir gingen in eine Pizzeria, die sich strategisch geschickt zwischen dem Hotel und meiner Wohnung befand. Dort machten wir nach einiger Zeit mit mehr oder weniger ernsthaften Diskussionen über den Inhalt weiter.

Ernst Vlcek wollte beispielsweise unbedingt, dass Perry Rhodans Sohn den Namen »Hubert« tragen sollte, selbstverständlich eine Anspielung auf den PERRY RHODAN-Autor Hubert Haensel. In einer harten Diskussion setzten sich Robert und ich durch: Der Rhodan-Sohn sollte den bereits definierten Namen Delorian auf jeden Fall behalten; dies war eine Anspielung auf die Science-Fiction-Trilogie »Zurück in die Zukunft«.

Delorian sollte ein besonderes Kind sein: geboren in Alashan, jenem Teil Terranias, den es in die ferne Galaxis Segafrendo verschlagen sollte. Er sollte in Terrania aufwachsen und besonders begabt sein: »Delorian hat die höchsten Psi-Werte, die man bisher messen konnte – aber er kann nichts davon anwenden, er hat keine aktive Gabe.«

Bei Ernst Vlcek kamen in solchen Fällen immer wieder Ideen auf den Tisch, die ein wenig wie Horror wirkten: »Beim Erwachen nach der Geburt macht das Kind sofort die Augen auf. Kann sofort sehen.« Wir legten aber fest, dass Delorian »Hyperwellen empfangen« sollte, wobei wir den Inhalt dieser Wellen und ihre Eigenschaften nicht definierten.

Immer wieder während seiner Kindheit und Jugendzeit sollte er »gewissermaßen ausgeschaltet« werden, »als ob er ohnmächtig wäre«. In dieser Zeit könnte er zwar noch atmen, sei aber nicht in der Lage, aktiv zu denken. Irgendetwas geschehe mit ihm, aber niemand wisse, was dies genau sei. So wollten wir eine Reihe von Geheimnissen um Delorian auftürmen, die wir peu à peu lösen wollten. (Dass sich später jegliche PERRY RHODAN-Geschichte um Delorian in eine völlig andere Richtung entwickeln sollte, war um diese Zeit niemandem bewusst – aber so ist es stets mit solchen Überlegungen.)

Noch einmal diskutierten wir über den Namen des Bösewichtes; dabei wurde fleißig geblödelt. Er sollte »Tausendsassa« heißen, forderte Ernst Vlcek, und Robert Feldhoff schlug vor, wir sollten die Romanhandlung auch in das Sternbild »Großer Dackel« verlagern. Mit jedem Bier wurden wir lustiger und lauter, und die Notizen, die ich auf meinen Block krakelte, wurden nicht unbedingt besser lesbar. Es war eine sehr interessante Exposébesprechung an diesem Spätabend des 8. Februar 1999 ...

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