Aus der Serie »Der Redakteur erinnert sich«
An diesem Montag, 8. Februar 1999, ging es weiter um die PERRY RHODAN-Handlung nach Band 2000. Ernst Vlcek und Robert Feldhoff
überschlugen sich mit Ideen und Vorschlägen, die nicht unbedingt alle
zusammenpassten. Ich kam zeitweise mit dem Notieren von Gedankenblitzen
nicht nach und strich immer wieder irgendwelche Notizen durch, weil sie
von neuen Überlegungen umgeworfen worden waren. Der Kaffee beflügelte,
die beiden Exposéautoren schaukelten sich immer weiter auf.
Eine
der Überlegungen dieses Nachmittags betraf einen wesentlichen
Gegenspieler, den die Terraner nach Band 2000 in der Milchstraße haben
sollten. Sein Name sollte Morkhando sein, und wir wollten, dass er im
Bereich des Kristallimperiums mit seiner »Arbeit« beginnen sollte. Wer
gegen ihn aktiv vorgehen wolle, müsse also ins Zentrum Arkons vorstoßen –
damit könne ein konsequenter Konflikt zwischen Terranern und Arkoniden
aufgebaut werden.
Zum Hintergrund Morkhandos formulierte ich im
Protokoll: »In der Vergangenheit hat das Urwesen Morkhando gegen die
Kosmokraten verloren, nachdem Morkhando das erste Thoregon vernichtet
hat.«
Offensichtlich war uns aber nicht klar, ob es ein
Morkhando gibt oder mehrere Morkhandos geben sollte; das Protokoll ist
hier recht undeutlich: »Nach seiner Vernichtung gingen die
Morkhando-Wesen alle in Raumschiffe und waren seither in einer Art
Stasisfeld einige Millionen Jahre unterwegs. Sie tauchen jetzt in der
Gegenwart auf.«
Immerhin sollte die Morkhando-Gefahr bereits in
Band 2000 eine Rolle spielen. Wir wollten den Wissenschaftler Tautmo
Aagenfelt in einer Szene als Attentäter wider Willen einsetzen, der
Perry Rhodan töten möchte. Später sollte man »Raumschiffe mit vielen
Leichen an Bord« finden, »die durch den Leerraum der Milchstraße
treiben.«
Die SOL und ihre Besatzung sollte erneut eine Rolle
spielen: Das Schiff sollte nach unseren Überlegungen mit Band 2049 aus
der Vergangenheit zurückkommen, um dann die wesentlichen Informationen
über Morkhando an Perry Rhodan weiterleiten zu können. Die vielen
Skizzen zu Morkhando wurden allesamt später nicht übernommen; Robert
Feldhoff übernahm allerdings einige Ideen für seine Konzeption von
Morkhero Seelenquell, jenes Wesen, das versucht, zur Superintelligenz zu
»reifen«.
Nach all diesen Diskussionen und Gesprächen waren wir
ein wenig ausgelaugt; es war sowieso bereits 18 Uhr. Wir legten eine
Pause ein. Ich brachte Robert Feldhoff und Ernst Vlcek zum Hotel, ging
von dort aus nach Hause, wo ich mich ein wenig ausruhte.
Sabine
Bretzinger und ich hatten uns verabredet – und ich hatte den Termin
falsch notiert. So kam es, dass Sabine viel zu lange auf mich und die
Autoren warten musste. Sie war entsprechend »angesäuert«, wurde dann
aber vom Charme der beiden Autoren wieder milder gestimmt. Wir gingen in
eine Pizzeria, die sich strategisch geschickt zwischen dem Hotel und
meiner Wohnung befand. Dort machten wir nach einiger Zeit mit mehr oder
weniger ernsthaften Diskussionen über den Inhalt weiter.
Ernst
Vlcek wollte beispielsweise unbedingt, dass Perry Rhodans Sohn den Namen
»Hubert« tragen sollte, selbstverständlich eine Anspielung auf den
PERRY RHODAN-Autor Hubert Haensel. In einer harten Diskussion setzten
sich Robert und ich durch: Der Rhodan-Sohn sollte den bereits
definierten Namen Delorian auf jeden Fall behalten; dies war eine
Anspielung auf die Science-Fiction-Trilogie »Zurück in die Zukunft«.
Delorian
sollte ein besonderes Kind sein: geboren in Alashan, jenem Teil
Terranias, den es in die ferne Galaxis Segafrendo verschlagen sollte. Er
sollte in Terrania aufwachsen und besonders begabt sein: »Delorian hat
die höchsten Psi-Werte, die man bisher messen konnte – aber er kann
nichts davon anwenden, er hat keine aktive Gabe.«
Bei Ernst Vlcek
kamen in solchen Fällen immer wieder Ideen auf den Tisch, die ein wenig
wie Horror wirkten: »Beim Erwachen nach der Geburt macht das Kind
sofort die Augen auf. Kann sofort sehen.« Wir legten aber fest, dass
Delorian »Hyperwellen empfangen« sollte, wobei wir den Inhalt dieser
Wellen und ihre Eigenschaften nicht definierten.
Immer wieder
während seiner Kindheit und Jugendzeit sollte er »gewissermaßen
ausgeschaltet« werden, »als ob er ohnmächtig wäre«. In dieser Zeit
könnte er zwar noch atmen, sei aber nicht in der Lage, aktiv zu denken.
Irgendetwas geschehe mit ihm, aber niemand wisse, was dies genau sei. So
wollten wir eine Reihe von Geheimnissen um Delorian auftürmen, die wir
peu à peu lösen wollten. (Dass sich später jegliche PERRY
RHODAN-Geschichte um Delorian in eine völlig andere Richtung entwickeln
sollte, war um diese Zeit niemandem bewusst – aber so ist es stets mit
solchen Überlegungen.)
Noch einmal diskutierten wir über den
Namen des Bösewichtes; dabei wurde fleißig geblödelt. Er sollte
»Tausendsassa« heißen, forderte Ernst Vlcek, und Robert Feldhoff schlug
vor, wir sollten die Romanhandlung auch in das Sternbild »Großer Dackel«
verlagern. Mit jedem Bier wurden wir lustiger und lauter, und die
Notizen, die ich auf meinen Block krakelte, wurden nicht unbedingt
besser lesbar. Es war eine sehr interessante Exposébesprechung an diesem
Spätabend des 8. Februar 1999 ...
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